Kuriositätenkabinett — Teil 1

Mir dünkt, ob der zahlreichen originellen Fundstücke des Alltags- und Onlinelebens, die einen zum Schmunzeln oder Nachdenken anregen, sei eine Kategorie obigen Namens mehr als notwendig. Sie ist als lose Sammlung unterschiedlichen Couleur gedacht.

In der Zeitschrift für Instrumentenbau, einem Zentralorgan der pianoproduzierenden und -vertreibenden Industrie im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert findet sich in Ausgabe 12 des 23. Jahrgangs vom 21. Januar 1903 eher beiläufig unter den zahlreichen Nachrichten eine Diebstahlsmeldung.

So lapidar dieses Faktum erscheinen mag, umso mehr bringt der Hergang zum Schmunzeln und mehr noch zum Nachdenken:

Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 23, Nr. 12, Leipzig, S. 307.
(http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/bsb00004249/images/index.html?id=00004249&nativeno=307)

Hierbei sticht zuvorderst der Name der Ortschaft Ofen-Pest, dem heutigen Budapest hervor. Es ist nur dem kundigen Leser bekannt, dass es sich hierbei um die beiden Ortsteile handelt, die sich beiderseits der Donau gebildet haben. Für das heutige Ohr klingt der Name nach einem humoristischen und unwirklichen Bild. Dabei leiten sich Ofen wie auch Pest oder Pesth von der Bedeutung Höhle ab.
(https://www.zobodat.at/pdf/Hoehle_036_0007-0012.pdf)

Die eigentliche Kuriosität dieses Fundstücks findet sich aber im Tathergang. Unter Vorwand falscher Tatsachen entfernten Diebe in Abwesenheit der Eigentümerin und unter den Augen einer Angestellten das im Haushalt befindliche Klavier, um es für einen schmalen Preis zu veräußern.

Die Dreistigkeit, einen mehr als nur schweren Gegenstand aus einer Wohnung zu tragen, zeugt von dem Wert eines Klaviers in jener Zeit und der damit verbundenen Möglichkeit, diesen auch absetzend zu können, wie auch von der Erfindungsgabe und akzeptierten (körperlichen) Mühen, einen solchen Gegenstand illegitim in Besitz zu nehmen.

Interessant ist wohl auch die Frage hinsichtlich der Entscheidungsgrundlage für die Wortwahl „leichtgläubig“. Wäre auch ein männlicher Hausangestellter so bezeichnet worden, wäre ihm eine derartige Situation widerfahren? – Vermutlich nicht.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen