Wie alt ist mein Th. Mann & Co. Klavier?

Die beste Möglichkeit, ein Klavier zu datieren ist über die Seriennummer, auch als Produktionsnummer bezeichnet. In einigen Fällen haben sich herstellereigene Listen erhalten, anhand derer das Baujahr ermittelt werden kann. Doch dies trifft beileibe nicht auf alle, gerade kleinere Hersteller zu. Im Falle von Th. Mann & Co., bzw. der Vorgängerwerkstatt von C.W. Volkening wurden mutmaßlich durch die Bombardierungen im Zweiten Weltkriegs eben jene Unterlagen unwiederbringlich mit den Fabrikanlagen zerstört.

Die zweite Möglichkeit besteht in der Seriennummer und Herstellerangaben der Mechaniken. Doch die Grenzen hiervon liegen im zeitlichen Rückblick. Je weiter das Herstellungsdatum eines Instruments zurückliegt, umso seltener sind durch Drittfirmen produzierte und eingekaufte Mechanikkonstruktionen. Ganz zu schweigen von erhaltenen Unterlagen.

Anhand existierender Publikationen, welche Angaben zu Hersteller und Seriennummer von Instrumenten und Mechaniken Jahresangaben gegenüberstellen, lässt sich in vielen Fällen das Produktionsjahr auf wenige Jahre genau bestimmen. Das Buch „Atlas der Pianonummern“ von Jan Großbach habe ich an anderer Stelle bereits erwähnt. Wie Großbach dort selbst angibt, können die Listen aus unterschiedlichen Gründen Fehler enthalten. Umso wichtiger erscheint es, auch andere Aspekte zur Datierung heranzuziehen.

Im ersten Kapitel seines Buchs beschreibt Jan Großbach, worauf bei der Datierung, neben der Serien- oder Produktionsnummer noch geachtet werden kann. Darunter nennt er insbesondere handschriftliche Vermerke und Medaillenaufdrucke, die einen HInweis auf das Produktionsjahr geben können.

Produktions- oder Seriennummer

In den meisten Fällen lassen sich mithilfe der Produktions- oder Seriennummer jedoch nur grobe Einschätzungen des Produktionszeitraumes anstellen. Für die Zeit nach 1896 kann dies für Th. Mann & Co. mit relativer Genauigkeit angestellt werden. In diesem Jahr fertigten Mann & Co. ihr 10.000stes Instrument und 1907 bereits ihr 15.000stes. Mit den gesteigerten Kapazitäten durch die Einrichtung von Dampfkraft und den Fabrikerweiterungsbau in der Friedensstraße in den 1880er Jahre, vermochte die Firma etwa alle fünf Stunden ein Klavier fabrizieren. Im Jahr kamen sie dabei auf knapp 400 bis 500 Klaviere.

Jedoch ist dies vor 1896 problematischer. Zwar lässt sich auch hier die Seriennummern auf Basis der Jahresfabrikation bis zu einem gewissen Grad zurückberechnen, doch es bleibt unsicher, wann die Produktion dieses Maß erreichte. Wir wissen, dass Mann & Co. 1874 ihr 1.000stes Instrument fertigstellten, sie 1871 mit 20 Arbeitern 120 Instrumente produzierten und Theophil Mann 1858 die Werkstatt von Volkening mit sechs Gehilfen übernahm.

Wo finde ich die Serien- beziehungsweise Produktionsnummer?

Zunächst ist es aber wichtig, ersteinmal die Serien- oder Produktionsnummer zu finden und auch als solche zu erkennen. Nicht immer ist sie eindeutig zu erkennen, teilweise versteckt auf Bauteilen handschriftlich vermerkt. Erst ab etwa 1880 begannen Mann & Co. konsequent mit dem Einlassen der Nummer in den Eisenrahmen, beziehungsweise mit der Stempelung diverser Bauteile.

Zuvorderst muss aber ein Blechschild erwähnt werden, das auf zahlreichen Instrumenten zu finden ist, aber nicht die Seriennummer beinhaltet. Es handelt sich dabei um ein zwei mal vier Zentimeter messendes auf die Innenseite des Deckels oder seitliche Wangen genageltes Blechschild mit dem Schriftzug „Th. Mann & Co. Bielefeld“, sowie einer vierstelligen Nummer. Dabei handelt es sich vermutlich um eine Nummerierung von Mietinstrumenten.

Bei der Suche nach einer Serien-, beziehungsweise Produktionsnummer ist der Blick auf den Eisenrahmen hilfreich. Hier finden sich bei den meisten Mann-Instrumenten nach 1880 diese Nummer als erhabene Ziffern mit dem Eisenrahmen gegossen. Jedoch leider nicht immer an der selben Stelle. So finden sich die Zahlen hinter den Saiten des Bass, wie auch bei kreuzsaitigen Instrumenten an der Lücke zwischen Bass und Diskant aber auch hinter den Diskantsaiten oder oberhalb des Wirbelfelds. Die Vielfalt an Stellen ist so groß, wie die gestalterische Vielfalt an Instrumenten. Selbst bei zeitlich kurz aufeinander gefertigten Instrumenten ähnlichen Typs finden sich die Produktionsnummern unter Umständen an unterschiedlichen Stellen.

Möchte man sicher gehen oder hat man auf dem Eisenrahmen keine Produktionsnummer finden können, hilft ein genauer Blick auf sämtliche Bauteile. Insbesondere auf den Schmalseiten von Ober- und Unterrahmen, auf der Oberseite der seitlichen Wangen (Unterhalb des Deckels und auf von Beschlägen vervorgenen Flächen, aber auch auf innen liegenden Bauteilen, sind oft Seriennummer eingeschlagen oder aufgedruckt.

In manchen Fällen sind diese auch handschriftlich erfolgt, was vor allem für die Zeit vor 1880 zutrifft (Klaviere mit Seriennummern 1008 und 1277), und in anderen Fällen sind sie auf vielen innenliegenden Bauteile auf die letzten drei Stellen verkürzt worden.

Allerdings muss man hierbei auch Obacht walten lassen. Es finden sich zahlreiche weitere Zahlen auf den unterschiedlichen Bauteilen. So sind andere dreistellige Zahlen auf Rasten, Resonanzboden und Mechanik auffindbar, die von den verkürzten Produktions- und Seriennummern abweichen. Es ist aktuell unklar, welchem Zweck diese Nummern im Detail dienten und welchen Aussagegehalt sie besitzen. Zu vermuten ist jedoch, dass dies interne Fabrikationsnummern oder Bauteiltypennummern sind, die im Fertigungsprozess Einsatz fanden, um zügig die benötigten Bauteile aufzufinden.

In diesem Fall beziehen sich die Nummern zumindest nicht auf die Dimensionen des Instruments oder seiner bezeichneten Bauteile, beziehungsweise im Fall des Resonanzbodens auf die Fläche des schwingenden Teils.

Fügt man alle bislang durch Quellenangaben und unter Zuhilfenahme von Hersteller und Produktionsnummer der Klaviermechanik halbwegs gesichert bekannten Kombinationen aus Seriennummern und Jahren in ein Koordinatensystem ein, ergibt sich bereits ein anschauliches Bild.

Das menschliche Auge vermag die Lücken zwischen den Koordinatenpunkten verbinden und durch eine geschwungene Linie verbinden. Ein langsamer Anstieg bis in die späten 1870er Jahre hinein und mit Vollendung der Fabrikerweiterung ein rasanter Anstieg der Produktionszahlen. Diese brechen, wie sich in der Abflachung der Punktlinie zeigt, mit Einsetzen des Ersten Weltkriegs ein und steigen bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs langsam an, erreichen aber niemals das Produktionsvolumen von vor 1914.

Da die Punktlinie des imaginierten Graphen zu viele und zu große Lücken für die Zeit vor 1907 aufweist, lassen sich nur bedingt Seriennummern unter 15.000 genau ihren Produktionsjahren zuordnen. Obgleich in unserer Datenbank inzwischen über 100 Mann-Instrumente mit Bild verzeichnet sind, von denen wir eine Seriennummer kennen, sind zahlreiche andere datierungsrelevante Informationen leider unbekannt, wie beispielsweise Mechanikhersteller und dessen Seriennummer. Aber zumindest bekommt man anhand des Graphen einen Eindruck von einem möglichen Entstehungszeitraum auf wenige Jahre genau.

Geht man davon aus, dass Theophil Mann, als er 1858 die Werkstatt von Christian Wilhelm Volkening, nach dessen Tod übernahm, die Seriennummernvergabe fortsetzte, würde der Graph andeuten, dass Volkening zwischen 1836 und 1858 lediglich 400 bis 500 Instrumente fertigte.

Schriftzüge & Logos

Wir besitzen damit einen Eindruck der Entwicklung von Produktionszahlen bei Th. Mann & Co. ab den 1870er Jahren. Nun ließe sich darauf die relative Entwicklung von Schriftzügen und Logos blenden, um eine Vorstellung ihrer zeitlichen Orientierung zu erhalten. Auch hier ist die Datenbasis für die Zeit nach 1900 deutlich dichter, als für die Jahre vor der Jahrhundertwende. Dabei ist wichtig zu berücksichtigen, dass ich alle Klavieren zunächst außen vor lasse, von denen wir keine Serien-, bzw. Produktionsnummer kennen, um den zeitlichen Zusammenhang und die relative Entwicklung erkennen zu können.

Wie auch an den Bauformen der Instrumente ablesbar, haben Th. Mann & Co. gerade in ihren frühen Jahren bis etwa 1900 mit Stilen und Formen experimentiert und schienen sich schnell und kurzfristig an einem Gestaltungstrend der jeweiligen Zeit zu orientieren.

Entsprechend vielfältig sind auch die Schriftzüge auf Klaviaturdeckeln und Logos auf den Eisenrahmen. Gleichzeitig geht damit auch eine Unsicherheit in der Datierung einher. Waren bestimmte Ausprägungen einmalige Experimente mit nur wenigen realisierten Exemplaren, oder stellten sie eine kontinuierlich genutzte Ausprägung dar? Die geringe Datenbasir für die Zeit vor 1907 lässt hier viel Spielraum offen.

Wir wissen, dass gewisse Schriftzüge parallel gebraucht wurden. EIne Systematik ihres Einsatzes ist aktuell nicht erkennbar, weshalb zu vermuten ist, dass z.B. bestimmte Schriftzüge auf Kundenwunsch oder entsprechend der Preiskategorie eingesetzt wurden. Vielfalt kann auf der anderen Seite auch als Marketingstrategie gesehen werden, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Als Hinweis hierauf kann unter Umständen die Metallplakette in Form einer mehrfach gebrochenen, symmetrischen Kartusche und ausgestattet mit einer komplexen figürlich-dekorativen Darstellung sein.

Metallplakette mit Schriftzug und Bielefeldlogo auf Klavier Nummer 6492

Sie stellt den sogenannten Typ V meines Versuchs einer Typologie dar und taucht erstmalig auf dem Eisenrahmen von Klavier 3247 auf und anschließend am oberen Deckel des Klaviers Nummer 3823 aus den frühen 1880er Jahren auf. Die späteste Nutzung kann für Instrument Nummer 8846 von etwa 1893 bis 1894 nachgewiesen werden. Damit wurde diese Plakette, nebst fünf anderen Schriftzugformen für mehr als 10 Jahre genutzt. Dabei ist zu beachten, dass das erste Auftreten nicht am Klaviaturdeckel eintrat, dieses erfolgte nach der aktuellen Datenlage erst kurz darauf am Klavier Nummer 4222, welches beinahe baugleich mit Instrument 3823 ist. Auf diesem Instrument, 3823 ist im Klaviaturdeckel eine Schriftzugplakette angebracht, die bereits zuvor an Instrument 3692 nachweisbar ist und zunächst das Ende einer Entwicklung darstellt, hernach die Schriftzüge geschnitzt oder in Messing intarsiert wurden.

Nach 1886 und mit Klavier Nummer 4222 beginnt eine Phase in der an zwei Stellen und in drei bis vier unterschiedlichen Formen der Firmenschriftzug auf den Instrumenten angebracht wurden. Diese Phase hält bis etwa Mitte der 1890er Jahre an.

Es finden sich geschnitzte Schriftzüge auf den Zierleisten an holzfarbenen Klavieren (Seriennummern 5697, 8532, 9337, 9396 und 9631) und intarsierte Metalllettern auf den Zierleisten schwarz gefasster Instrumente (No. 4235). Letztere setzen damit eine Tradition fort, wie sie bereits zuvor auf Klavier Nummer 605 von etwa 1870/1871 und Nummer 3247 zu finden war. Eine eingehende Betrachtung der geschnitzten Schriftzüge könnte unter Umständen weitere Mikroentwicklungen offenbaren und gegebenenfalls eine Handschrift identifizieren, um Aussagen darüber treffen zu können, ob und wieviele Schnitzer bei Th. Mann & Co. beschäftigt waren. Spätestens mit Hrn. Krüger kann für die 1880er Jahre sogar ein namentlich genannter Schnitzer in der Firma nachgewiesen werden, da dieser 1885 auf der Antwerpener Aussellung für seine Schnitzkunst eine Bronzene Medaille erwarb (Henkel, S. 397).

Daneben finden sich Schriftzüge in Form oben genannter Metallplaketten auf der Innenseite der Klaviaturdeckels unterhalb des Notenpultes auf sowohl holzfarbenen (No. 4222, 5806, 85168 und 846), wie auch schwarz gefassten Klavieren (No. 6492 und 7400), sowie als eingelegte Metalllettern auf vornehmlich schwarz gefassten Instrumenten (No. 5852, 6177 und 6905).

Um 1896 tritt eine Phase ein, in der Th. Mann & Co. Damit beginnen, die Stile ihrer Schriftzüge zu verändern und mit einer Reihe von Ausprägungen experimentieren, bis sich eine metallintarsierte Form um 1906 stabilisiert und mit nur wenigen Änderungen bis zum letzten erhaltenen und bekannten Instrument durchgängig Einsatz findet.

Zugleich scheint es auch das Ende des Auftretens von „Cie.“ als Abkürzung für „Companie“ zu sein. Sämtliche Schriftzüge nach 1896 weisen als Abkürzung „Co.“ auf.

In dieser Phase zwischen 1896 und 1906 finden sich zwei grundsätzliche Formen an Schriftzügen, die sich in einem Fall nochmals in zwei Subtypen trennen lassen, von denen eine auf holzfarbenen und eine auf schwarz gefassten Klavieren zu finden ist. Hinzu tritt eine aufgeschraubte Plakette mit dem Schriftzug, welche an anderer Stelle als Händlerplakette auf einem Mannborg Harmonium zu finden war.

Im Schiftschnitt ähneln sich beide Formen. Während im ersten Fall vornehmlich das „M“ aus einer links geschwungenen Volute entwickelt wird, ist es im zweiten Fall gerade ansetzend ausgeführt. Zudem sind die Wörter „Mann & Co.“ im zweiten zusammenhängend gestaltet. Dabei ist für die Zeit bis 1906 hervorzuheben, dass der Bogen, welcher „&“ und „Co.“ verbindet spitzwinklig gehalten ist. Hiernach wird er konsequent als Schleife ausgeführt.

An holzfarbenen Instrumenten ist der Schriftzug ersteren Falls in einer recheckigen messinggerahmten Kartusche eingelassen. An schwarz gefassten Klavieren fehlen Rahmung und Kartusche.

Für den zweiten Fall besteht der Unterschied darin, dass an holzfarbenen Instrumenten der Schriftzug geschnitzt und an schwarzen Klavieren in Messing eingelegt ist.

Die in Holz geschnitzte Form und seine messingintarsierte Variante kommen ohne die Ortsangabe Bielefeld aus und werden in dieser Form bis etwa 1906 genutzt. Zuletzt tritt die geschnitzte Form an Klavier Nummer 14558 auf.

Ab etwa 1905 taucht erstmals an schwarz gefassten Klavieren ein Schriftzug auf, der dem zweiten Fall ähnelt, jedoch unter Ergänzung der Ortsangabe „Bielefeld“.

No. 13978

Dies stellt den Prototypen dar, wie er weitestgehend unverändert bis 1911 verwendet wird. Ab diesem Zeitpunkt, etwa ab dem Instrument mit der Seriennummer 16444 verliert sich der Punkt hinter dem „Bielefeld“; einzige Ausnahme stellt aktuell Klavier No. 16490 dar.

Mit Seriennummer 18130 verschwindet auch die Ortsangabe wieder (ca. 1918-1920).

No. 18130

Es existieren zahlreiche weitere Formen an Schriftzügen, die hier unberücksichtigt geblieben sind, da uns von diesen Instrumenten keine Seriennummern bekannt sind, welche in eine relative Chronologie einsortiert werden könnten. Mit weiteren Forschungen sind wir aber zuversichtlich, diese Schriftzugformen ebenfalls einschließen zu können.

Medaillen

Zwar ist die Darbringung von Medaillenabbildungen auf Mann-Instrumenten eher unstet, aber dennoch lassen sich so, Klaviere in groben Grenzen post quem datieren. Das meint, ist eine Medaille auf einem Instrument gedruckt, kann dieses Instrument erst nach Verleihung der Medaille gefertigt worden sein.

Bis 1936 haben Mann & Co. im Laufe ihrer hundertjährigen Geschichte 17 Goldmedaillen und etliche silberne und bronzene Medaillen verliehen bekommen (Schrader 1936, S. 72).

Daher kann nachfolgende Liste nicht als vollständig angesehen werden. Sie basiert auf dem aktuellen Stand der Literatur- und Quellenrecherche, sowie der Betrachtung auf Instrumenten angebrachten Medaillendarstellungen.

  • 1844: Berlin, Ausstellung Vaterländischer Gewerbeverein, Silbermedaille.
  • 1873: Wien, Verdienstmedaille.
  • 1880: Düsseldorf, Gewerbe- und Kunstausstellung, Staatspreis Bronzemedaille.
  • 1881: Detmold, Lippische Gewerbe-Ausstellung, Bronzemedaille.
  • 1883: Amsterdam, International Exhibition, Goldmedaille.
  • 1884: London, International Exhibition Crystalpalace, Bronzemedaille.
  • 1885: Antwerpen, Goldmedaille.
  • 1887: Bielefeld, Silbermedaille.
  • 1888: Brüssel, Goldmedaille.
  • 1888: Emden, Ostfriesische Ausstellung für Gewerbe und Handel.
  • 1894: Kgl. Preussische Staatsmedaille.
  • 1894: Antwerpen.
  • 1894: Münster, Fach-Ausstellung des Wirthe-Verein.
  • 1895: Lübeck, Goldmedaille.
  • 1902: Düsseldorf, Industrie & Gewerbeausstellung Rheinland Westfalen, Silbermedaille.
  • 1911: Turin, Goldmedaille.
  • 1912: Bielefeld, Goldmedaille.
  • 1913: Paderborn, Goldmedaille.

Weitere Datierungsmöglichkeiten

Eine bislang kaum genannte Möglichkeit, um Klaviere datieren zu können, die aber einen nicht unerheblichen zusätzlichen Forschungsaufwand bedeutet, ist über Patente. Seien es eigene, durch Mann & Co. eingereichte Patente oder Gebrauchsmuster, seien es lizensierte Fremdpatente. Es kommt der Datierung von Mann-Klavieren aus der Zeit vor 1907 zugute, dass die Firma hier besonders emsig war, neue Bauformen zu patentieren und zeitnah in ihren Instrumenten zu verbauen. Ein besonderes Beispiel ist das bereits an anderer Stelle genannte und 1874 bewilligte Patent „auf eigentümliche Anordnungen an Pianos und Flügeln“, welches an den Klavieren Nummer 1008 und 1277 nachgewiesen werden kann.

Weiterhin sind es stilistische Ähnlichkeiten zu anderen, besser datierbaren Instrumenten. Dies kann die allgemeine dekorative Gestaltung umfassen, aber auch einzelne Detailformen, wie beispielsweise Schriftzuggestaltungen und eingesetzte Dekorationselemente von Fremdfirmen. Letzteres zeigt sich eindrucksvoll in dem Glasbild auf dem Oberrahmen von Klavier No. 1008, das in dieser und vergleichbarer Form auch an den Instrumenten anderer Hersteller auffindbar ist. Besonders bemerkenswert ist aber auch die Ähnlichkeit der durch Mann & Co. Verwendeten Schriftzugstile mit denen anderer Hersteller. Hier finden sich zahlreiche Ähnlichkeiten und geradezu Übereinstimmungen, die dafür sprechen, dass sie Ausdruck eines Zeitgeschmacks sind.

Eine dritte Quelle zur Datierung von Instrumenten liegt in der Sichtung von Printpublikationen. Die wenigen erhaltenen Kataloge sind hervorragend zur Betrachtung von Instrumente des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Besonders wertvoll für die Zeit davor sind Beschreibungen, Abbildungen und Erwähnungen von Instrumenten in Zeitungen und Zeitschriften, seien es Artikel oder Werbeannoncen. Diese Auszuwerten ist aber ein ebenso aufwändiges Unterfangen und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Zuletzt bleibt aber auch der Anruf und Aufruf an alle Klavierbauer*innen, Klavierstimmer*innen und Besitzer*innen von Klavieren der Firma Th. Mann & Co. uns möglichst detaillierte Abbildungen und Beschreibungen erhaltener Instrumente zukommen zu lassen. Neben Schriftzug, Logo, Seriennummer, Mechanikhersteller/-Seriennummer, handschriftlichen Vermerken auf Bauteilen, stilistischen und konstruktiven Ausformungen von Gehäuseteilen und Rasten, können dies Maße und erhaltene Schriftstücke sein. Diese Aufzählung kann nicht als vollständig und nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Weitere Forschungen werden zeigen, was notwendig ist, ein Mann-Klavier datieren zu können, beziehungsweise die Listen der Zusammenhänge von Serien-/Produktionsnummer und Fertigungsjahr verfeinern zu können.

Aber auch jeder Hinweis auf Ähnlichkeiten der Instrumente anderer Hersteller zu Mann-Klavieren wäre spannend.

Langfristiges Ziel ist es, eine Art Fragebogen zu entwerfen, mithilfe dessen eine Datenbank gepflegt werden kann, die weitere Forschungsarbeiten, insbesondere die Aufdeckung möglicher Zusammenhänge von Baujahr und gewissen Bauformen und Dekorationsstilen vereinfacht.

Literatur

  • Großbach, Jan (2009): Atlas der Pianonummern. 11. Auflage; Bergkirchen.
  • Henkel, Hubert (2000): Lexikon deutscher Klavierbauer; Frankfurt a.M.
  • Schrader (1936): „100 Jahre der Bielefelder Firma Th. Mann & Co.“. In: Ravensberger Blätter, Nr. 9, September 1936, S: 71f.

Unter falscher Flagge

Bereits eine oberflächliche Recherche in online-Kleinanzeigen unter dem Stichwort Klavier fördert eine ganze Reihe an Ergebnissen zutage. Menschen, die geerbte oder mit Immobilien erworbene Instrumente besitzen, stellen hier ihre mehr oder minder erhaltenen Pianos zum Verkauf. Unter ihnen sind namhafte, wie heute unbekannte Hersteller. Aber ebenso häufig finden sich auch Instrumente, die keinerlei Auskunft über ihren Schöpfer geben.

Für uns sind besonders jene Instrumente interessant, die in Verbindung mit Th. Mann & Co. oder der Vorgängerwerkstatt von C. W. Volkening stehen. Doch auch hier kommt es vor, dass Plaketten mit Firmenschriftzug verloren gehen oder der Firmenname mit Farbe oder Lack überlagert werden.

Eine besondere Herausforderung stellen kleine Metallschilder dar, welche zahlreiche Instrumente fraglicher Auswahl zieren. Meist im Inneren angebracht, finden sich flache, etwa zwei Zentimeter breite und vier Zentimeter lange Schilder aufgenagelt. Sie sind geprägt mit Schrift in drei Zeilen. Zuoberst der Firmenname „Th. Mann & Co.“ in einer Serifenfraktur. Danach die Abkürzung „No„, gefolgt von einem querrechteckigen Feld, das eine vierstellige Nummer trägt. Die unterste Zeile trägt den Stadtnamen „Bielefeld“, gerahmt zu beiden Seiten von einer Art Stern oder Blüte, bestehend aus sechs kreisförmig angeordneten Tropfenformen, deren Spitzen ins Zentrum zeigen. In der Gestaltung finden sich keine Variationen. Jedoch scheint auf einigen Schildern ein breiterer Schriftsatz Verwendung zu finden. Es kann auch auf einen anderen Prägestock hinweisen.

Plakette auf einem nach 1895 entstandenen Reformpianino.

Die Funktion dieser Plakette ist unbekannt. Die aufgeprägten Zahlen scheinen fortlaufend zu sein, denn keine bisher gefundene Zahl gleicht der anderen. Zudem können sie frühestens ab Eintritt Hermann Steinhaus genutzt worden sein – darauf deutet das „& Co.“ hin. Noch fanden sich keine Schilder ohne diese Ergänzung. Auch handelt es sich nicht um die Seriennummer. Diese ist spätestens ab den 1880er Jahren und ab der Seriennummer 4235 als Bestandteil des Eisenrahmens gegossen und weicht stark von den Zahlen der Plaketten ab. Die Nummerierung der Plaketten springt zudem durch die Jahrzehnte.

Plaketten-nummerDatierungSeriennummer oder Form der Datierung
3057um 1905Aufgrund des Schriftzugs.
3136um 1908 (1905-1906)[14275] J. Großbach: Atlas der Pianonummern (die zweite Datierung aufgrund der Mechaniknummer).
3165um 1908 bis 1910Aufgrund des Schriftzugs und Logos.
3182um 1908[14558] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
3261nach 1894
bzw.
um 1908
Patent Wagner DRP 76946 und Artikel Zeitschrift für Instrumentenbau Bd. 16 1895/96 , S. 442.
Aufgrund des Schriftzugs.
3309um 1908Aufgrund des Schriftzugs.
3395um 1910Aufgrund des Schriftzugs.
3527vor 1910Aufgrund des Logos.
3670um 1910[16472] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
4020evtl. vor 1874Ohne Herstellername, aber aufgrund der Ähnlichkeit zu einem anderen Th. Mann-Piano als solches klassifiziert.
4087nach 1913Aufgrund des Achtecklogos.
4227nach 1927[18582] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
4287um 1900Aufgrund des Schriftzugs.
4386nach 1930Aufgrund des Schriftzugs „Mannola“.

Eine Tendenz ist erkennbar und die drei Ausreißer können andere Ursachen haben: Rückankäufe oder alte Lagerbestände. Jan Großbach wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine gesonderte Nummerierung von Mietinstrumenten handeln könnte. Allerdings bedeute dies, dass ein Viertel der Instrumente von Th. Mann & Co. als Mietinstrumente in den Handel gingen.

Dennoch sind sie Zeugnis einer Verbindung zwischen Instrument und Fabrik. Dergleiches gilt für ein Harmonium der Firma Mannborg, deren Schriftzug durch eine Markenplakette von Th. Mann & Co. überdeckt wurde.

Vermeintliches Th. Mann & Co. Harmonium.

Bei näherer Betrachtung offenbarten sich erste Zweifel an dieser Einschätzung. Sowohl die Zierleiste der Pedale war mit dem Mannborg-Schriftzug versehen, wie auch das rückseitig aufgebrachte Patentblatt.

Das Entfernen der aufgeschraubten Th. Mann & Co. Plakette gab dann Gewissheit. Hierunter trat der originale Mannborg-Schriftzug zu Tage.

Mannborg-Schriftzug unter Th. Mann & Co.-Plakette.
Rückseite des Firmenschilds auf einem Harmonium
Rückseite der Th. Mann & Co.-Plakette. Gedruckt durch F. Josephson, Barmen.

Die Datenbank der Reed Organ Society verzeichnet für ein Mannborg-Harmonium mit der Seriennummer 13881 die Jahre 1905 bis 1910 als Entstehungszeitraum. Da dieser Zeitraum in die Hochphase der Produktionsbedingungen von Th. Mann & Co. zählt, als sie ihre namhaften Instrumente in alle Welt exportierten, ist es umso verwunderlicher, dass hier scheinbar ein Mannborg-Harmonium zu einem Mann-Harmonium umgewidmet wurde.

Auf Instagram findet sich ein Bild eines weiteren (vermeintlichen) Th. Mann & Co.-Harmoniums, das die gleiche Plakette aufweist. Auch hier legt die Gestaltung der Medaillen die Vermutung nahe, dass es sich ebenfalls um ein Mannborg-Harmonium handelt.

Ein Beitrag geteilt von João Tavares Filho (@joaotavaresfilh) am Sep 4, 2017 um 6:55 PDT

Entsprechende Plaketten ließen sich auf noch keinem Th. Mann & Co. Klavier oder Flügel nachweisen. Obwohl punktuelle Ähnlichkeiten zu auf Klavieren genutzten Schrifttypen existieren, ist diese spezielle Type und auch die Setzung in nur einer Zeile bislang einzigartig.

Eine besondere Kuriosität tat sich auch mit einem Klavier auf, das den Schriftzug „Mannola“ auf der Innenseite des Klaviaturdeckels zeigt.

Mannola-Klavier.

Im Deutschen Markenartikel Adressbuch der Jahre 1932/33 wird für die Marke „Mannola“ vermerkt, dass sie, auf Klaviere angewendet, als eingetragenes Markenzeichen von Th. Mann & Co. gilt. Somit scheint es sich hier eindeutig um ein Th. Mann & Co.-Klavier zu handeln. Auch die kleine Metallplakette legt eine Verbindung zur Bielefelder Fabrik nahe.

Metallplakette unbekannter Funktion von Th. Mann & Co. im Inneren des Mannola-Klaviers.

Damit enden die Hinweise auf Th. Mann & Co. Der Eisenrahmen trägt ein untypisches Logo, das in dieser Form in keiner Weise mit der Bielefelder Fabrik in Verbindung steht. Die aufgeprägte Seriennummer von 36074 liegt weit oberhalb der höchsten für Th. Mann & Co. verzeichneten Nummer von 20000 (1938). Leider ist auch die Mechanik mit der Nummer 36004 ohne Herstellernamen, was eine Datierung erschwert.

Wappen oder Logo auf dem Eisenrahmen des Mannola-Klaviers.

Das Logo zeigt einen Doppeladler mit ausgestreckten Schwingen und Gegenständen in den Klauen, die Zepter und Reichsapfel darstellen könnten. Über beiden Häuptern findet sich etwas, das eine Krone darstellen könnte. Damit ähnelt es dem Wappen des k.u.k. Hoflieferanten, wie es zum Beispiel auch Wilhelm Spaethe sen. führen durfte. Dennoch ist die Ausführung zu grob und die Darstellung des zentralen Schilds hebt sich von der des k.u.k.-Wappens ab.

Bezeichnung „333 / I / 14“ auf dem Eisenrahmen des Mannola-Klaviers.

Es besteht die Möglichkeit, dass es sich hierbei um ein generisches Wappen ohne Bedeutung handeln könnte, das am unterschiedliche Herstellern geliefert wurde. Die grobe Ausführung sprechen dafür.

Entsprechend kryptisch bleibt auch die Bezeichnung am Fuß des Eisenrahmens. In drei Zeilen stehen dort die Zeichen „333“, „I“ oder „1“ und „14“.

Seriennummer 36074 auf dem Resonanzboden des Mannola-Klaviers.
Mechanik Nr. 36004 des Mannola-Klaviers.

Angesichts des umgewidmeten Mannborg-Harmoniums, lag die Möglichkeit nahe, dass auch dieses Instrument ursprünglich von einem anderen Hersteller fabriziert wurde, um dann durch Th. Mann & Co. mit einem eigenen Schriftzug versehen zu werden. Es lag also nahe, auch diesen Schriftzug zu entfernen.

Da hier keine Schrauben Verwendung fanden, musste vorsichtig der Gluteinleim mit einer Heißluftpistole gelöst werden.

Die Enttäuschung war groß, als sich unter der aufgeleimten Holztafel kein Fremdherstellername offenbarte. Viel interessanter war jedoch, dass sich unbehandeltes Holz zeigte. Dies deutet darauf hin, dass Th. Mann & Co. das Klavier zusammengesetzt und anschließend gebeizt/lackiert haben, nachdem das Mannola-Schild aufgebracht wurde.

Es ist zu vermuten, dass Th. Mann & Co. nach 1930, als die Fabrikation bereits auf das Stammhaus am Oberntorwall 29 reduziert wurde und die Fabrikhallen in der Friedenstraße aufgegeben wurden, Ihre Instrumente weitestgehend aus eingekauften Bestandteilen zusammensetzten.

Das zeitlich Ungewisse

Ungemein hilfreich für eine Datierung von historischen Instrumenten ist ein umfangreich erhaltenes Firmenarchiv, das Aufschluss über den Entstehungszeitraum von einzelnen Klavieren oder Flügeln anhand ihrer Seriennummer gibt.

Leider wurde die Fabrik Th. Mann & Co. in den letzten Kriegsjahren Opfer von Bombenabwürfen der Alliierten, welche die gesamte Bielefelder Innenstadt verheerten. Damit gingen vermeintlich auch sämtliche Produktions- und Rechnungsbücher verloren. Gleichfalls ist es unmöglich noch lebende Personen zu treffen, die sich an die späte Phase der Fabrik und ihre Produktionsbedingungen erinnern können, geschweige denn Auskunft zu geben vermögen über Herstellung von Klavieren im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Neben existierenden Rechnungen in privater und öffentlicher Hand, die Zeugnis vom Jahr der Herstellung eines Instruments ablegen, sind Inschriften mit Jahreszahlen und Aufdrucke von Medaillen hilfreich, ein Herstellungsjahr einzugrenzen. Weiterhin lassen sich Zeiten durch Datierung der Klaviermechanik eingrenzen. Jan Großbach weist in seinem „Atlas der Pianonummern“ (11. Auflage 2009, S. 17 – 25) darauf hin, dass Mechaniken in weitaus höherer Stückzahl produziert wurden, was eine Eingrenzung ihres Entstehungszeitraums vereinfacht.

Bereits im späten 19. Jahrhundert entwickelten sich Spezialisierungen und nicht länger wurden sämtliche Bestandteile von Klavieren aus einer Hand gefertigt. Zulieferer übernahmen die Produktion von Mechaniken und dekorativen Bauteilen, wie Konsolen oder Bildelemente.

Bereits diese Gegenüberstellung ließe es zu, grobe Datierungen vorzunehmen; unter der Voraussetzung, man kann das Vergleichsobjekt relativ zielgenau einordnen. In diesem speziellen Fall leider nicht umsetzbar.

Ein Blick auf die Mechanik, liefert im Fall des Mann-Klaviers zweierlei Informationen. Einerseits den Hersteller Schwander, samt Seriennummer (95044) und, obendrein ein Vermerk von Auszeichnungen während Ausstellungen in Paris 1867 und Wien 1873. Damit liegt nahe, dass die Mechanik nach 1873 gefertigt wurde.

Doch gerade die Medaille der Wiener Ausstellung birgt besonderen Sprengstoff. Die Firmenplakette auf der Innenseite des Klaviaturdeckels benennt Theophil Mann als Produzenten, was darauf hindeutet, dass dieses Klavier entstand, bevor Hermann Steinhaus als Teilhaber in die Fabrik eintrat und Th. Mann zu Th. Mann & Co. wurde. Da in zahlreichen Publikationen hierzu aber das Jahr 1872 genannt wird, sind dreierlei Schlüsse denkbar: Die Mechanik wurde nachträglich ausgetauscht, Klaviere wurden auch nach Eintritt H. Steinhaus noch unter Theophil Mann vertrieben oder die Gesellschaft Th. Mann & Co. wurde erst nach 1873 gegründet.

Firmenplakette auf Klavier Nummer 1008.

Für den französischen Hersteller Schwander, der ab 1844 produzierte, verzeichnet der „Atlas der Pianonummern“ als früheste Seriennummer 205194 von 1883. Mit großer Ungewissheit könnte die im Mann-Klavier verbaute Mechanik damit um 1875 gefertigt worden sein. Zumindest im Abstand zur frühesten für Th. Mann & Co. verzeichneten Nummer 9983 für das Jahr 1901 ist das plausibel.

Da aktuell keine Archivbesuche möglich sind, muss eine Bestätigung in anderer Form erfolgen. Glücklicher Umstand ist die digitale Entwicklung und öffentliche Bestrebungen, Archivalien nachhaltig für eine große Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Seite zeitpunkt.nrw versammelt eine Vielzahl digitalisierter Zeitungen aus Nordrhein-Westfalen, darunter auch zahlreiche aus Bielefeld.

Am. 8. November 1874 erscheint im Bielefelder Wochenblatt eine Übersicht der letzten Einträge und Veränderungen des Handelsregisters für Bielefeld. Hier liest man von der Löschung der unter Nummer 501 geführten Firma „Th. Mann“ aus dem Firmenregister und der zeitgleichen Aufnahme der Firma „Th. Mann & Co.“ im Gesellschaftsregister unter Nummer 253.

Bielefelder WOchenblatt vom 8.11.1874.

Bezeichnend ist, dass ab diesem Zeitpunkt sämtliche Anzeigen der Firma mit Th. Mann & Co. unterzeichnet wurden, was wahrscheinlich macht, dass dies auch auf den Instrumenten konsequent umgesetzt wurde. Bereits knapp zwei Wochen später erscheint ein Stellengesuch von Th. Mann & Co. in derselben Zeitung.

Bielefelder Wochenblatt vom 25.11.1874.

Entsprechend sind alle Anzeigen vor dem 8. November 1874 durchweg mit Th. Mann unterzeichnet. Diese sind überdes von besonderer Bedeutung, als sie eine patentierte Formfindung zur Steigerung der Stimmfestigung von Klavieren durch Theophil Mann benennen.

Bielefelder Wochenblatt vom 9.5.1874.

Bei diesem Patent handelt es sich wohl um das im Mai 1874 erteilte Patent „auf eigentümliche Anordnungen an Pianos und Flügeln“, deren Verfahrensakte, samt Zeichnungen im Landesarchiv Baden-Württemberg aufbewahrt wird.

Landesarchiv Baden-Württemberg E 170 a Bü 1746 Bild 1.

Eben diese Konstruktion eines geneigten Stimmstocks findet sich auch an Klavier Nummer 1008 umgesetzt.

All diese Hinweise legen als Entstehungszeitraum des Th. Mann Klaviers Nummer 1008 die Zeit zwischen Mai 1874 und November 1874 nahe. Zur Patenterteilung an Theophil Mann erschien am 2. Mai im Bielefelder Wochenblatt eine Notiz, in der es am Ende heißt:

Die Fabrik vollendet in nächster Zeit ihr 1000. Pianino.

Bielefelder Wochenblatt vom 2.5.1874.
Bielefelder Wochenblatt vom 2.5.1874.

Durch einen glücklichen Umstand erhielt sich in Vlotho ein mehr als 140 Jahre altes Klavier, das in mehrfacher Hinsicht Zeuge einer besonderen Zeit der Bielefelder Flügel- und Pianofabrik Th. Mann & Co. darstellt.

Th. Mann Klavier Nummer 1008 vom Mai/Juni 1874.

Zwischen-Geschichte(n)

In vielen Fällen stellt Geschichtsschreibung die Betrachtung von Eliten, ihren Handlungen und Netzwerken dar. So entstand Geschichte als Niederschrift über (vermeintlich) bedeutende Menschen. Die breite Bevölkerung lebte oft nur als gesichtsloser „Volkskörper“ ihrer Traditionen und Lebensweisen fort. Hier und da fielen Namen einzelner Menschen in das Geschichtswerk; meist im Kontext von Kontakten zu Eliten.

Dies hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zum Glück gewandelt.

Auch im Kleinen stellt der Nachvollzug eines einfachen Lebens die Verneigung vor der Lebensleistung eines Menschen dar. Die Nachhaltigkeit von Leistungen sollte nicht an staatsmännischen Entscheidungen oder kapitalistischen Erfolgen geknüpft sein.

Jeder Mensch schafft sein tagtägliches Auskommen mit den eigenen Händen. Sei es das wortwörtliche Abarbeiten an materiellen Aufgaben. Dem Produzieren von Alltagsgegenständen, dem Abtransport von Abfall oder den zahlreichen Serviceleistungen. Sei es immaterielles Arbeiten; das Niederschreiben von Gedanken, die zu Wissenschaft, Journalismus, Poesie oder fiktionalen Romanen führen.

Heutzutage ist es nicht unüblich auch individuellen Leistungen Tribut zu zollen, indem Firmen die Zugehörigkeit einzelner Arbeiter nach Jubiläen öffentlich machen. Ein Akt der Würdigung mit Tradition. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde Angestellten Arbeitern in dieser Form gedankt. Besonders spannend wird dies im Kontext einer firmen- und sammlungsgeschichtlichen Aufarbeitung von Entwicklungen.

Am 24. Mai 1876 erschien im Bielefelder Wochenblatt eine Anzeige, aufgegeben von MItarbeitenden der Pianofortefabrik Th. Mann & Co. aus Bielefeld.

Anzeige zum Arbeitsjubiläum im Bielefelder Wochenblatt vom 24. Mai 1876.

Dies bedeutet, Louis Jesziorsky trat im Jahre 1851 in die Fabrik ein. Zu diesem Zeitpunkt war noch Christian Wilhelm Volkening Inhaber dieser kleinen Manufaktur im aufstebenden Bielefeld. Jesziorsky war einer von knapp 8 Arbeitern, als Theophil Mann die Klavierbauwerkstatt vom schwer erkrankten Volkening übernahm.

Ein Blick in das erste Adressbuch der Stadt Bielefeld von 1865 offenbart, dass Louis Jesziorsky vermutlich Tischler war und im Haus Nummer 504 d, gelegen an der Breiten Straße in Bielefeld wohnte. Die Namensvariante liefert hier jedoch eine erhebliche Unsicherheit.

Bielefelder Adressbuch von 1865.

Dennoch wohnte er damit wohl in unmittelbarer Nähe zum damaligen Standort der Werkstatt Volkenings und, bis 1868 auch der Pianofabrik Th. Mann, die erst hernach an den Standort am Oberntorwall wechselte. Volkenings Werkstatt befand sich zumindest an einem Zeitpunkt im Eckhaus Breite Straße und Kreuzstraße.

Als Seitennotiz sei angemerkt, dass der Arbeiter-Bildungs-Verein, aus welchem später die Volkshochschule Bielefeld hervorging, im April 1878 beschloss, „die frühere Volkening’sche Besitzung an der Kreuzstraße zu 24,000 Mark anzukaufen“ und um einen großen Saal zu ergänzen.

Bielefelder Tageblatt vom 11. April 1878.

Lässt man die Schreibvariante des Namens geltend und nimmt an, es handelt sich um die gleiche Person, war Jesziorsky auch an der Gründung der Betriebskrankenkasse Th. Mann & Co. beteiligt und stand ihr als Vorsitzender vor.

Ausschnitt aus einem Blatt der im Stadtarchiv Bielefeld erhaltenen Gründungsakte der Betriebskrankenkasse von Th. Mann & Co.

Persönlich spannend wird die Geschichte Louis Jesziorskys, bedenkt man, dass er vermutlich direkt an der Schaffung eines Volkening-Klaviers beteiligt war, das sich in unserem Besitz befindet. Auch wenn wir noch keine konkrete Eingrenzung des Fabrikationsjahres vornehmen konnten, da noch wenig über die frühen Jahre der Fabrik bekannt ist, ist bereits der Gedanke spannend, Namen und die wenigen Lebenseckpunkte eines Tischlers zu kennen, der möglicher Weise an diesem Klavier mitgewirkt hat.

Volkening-Klavier.

Quellen und Bildnachweise u.A.: zeitpunkt.nrw

Firmenschilderwald – Teil 2

Versuch einer Typologie

Momentan besteht eine große Unsicherheit bei Aufstellung einer Typologie in den fehlenden Daten zu exakten Dimensionen der Schriftzüge und Plaketten. Leider konnten bislang nur wenige Instrumente persönlich in Augenschein genommen werden, da sie über das Gebiet der Bundesrepublik, sogar Europas und in Teilen weltweit verstreut zu finden sind.

Verständlicher Weise vollziehen Besitzer nicht immer den Zweck unseres Anliegens nach, wenn wir Anfragen zu Schriftzügen, Logos, Bauweisen, Seriennummern und Mechanikherstellern stellen.

Typ VII – Gruppe 1

Den Einstieg in Typ VII bildet eine plakettenartige Intarsie aus Messing und Holzfurnier. in einem längsrechteckigen Rahmen, gezogen von schmalen Messinglinien sitzt in zwei Zeilen die Schrift „Th. Mann & Co. / Bielefeld.“ Hierbei fanden abermals zwei unterschiedliche Schrifttypen Einsatz. Während «Bielefeld», ausgestattet mit einem Endpunkt in serifenlosen Antiquamajuskeln gesetzt wurde, präsentiert sich «Th. Mann & Co.» in einzeln abgesetzten Gruppen in einer kursuven kalligrafischen Schreibschrift.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle das «M», welches aus einer links geschwungenen Volute von unten entwickelt wird und deren obere Enden spitz umbrechen. „Th.“ und „Co.“ verfügen über Abkürzungspunkte und sämtliche Großbuchstaben weisen geschwungene Eingangs- und Ausgangsbögen auf. Innerhalb der Letterngruppen sind die einzelnen Buchstaben miteinander verbunden. Das „o“ in der Companie-Abkürzung ist wie zuvor mittig hochgezogen und der Abkürzungspunkt mittig untergestellt.

Schriftzug auf Klavier mit der Seriennummer 11790 aus der Zeit zwischen 1901 und 1908.

An den zugänglichen Beispielen dieses Typs fallen die unregelmäßig gesetzten Lettern auf. Besonders deutlich wird dies am «Bielefeld.», wo die einzelnen Lettern nicht immer regelmäßig zueinander stehen und auf der Grundlinie aufsitzen.

Dies legt die Vermutung nahe, dass zu diesem Zeitpunkt ein noch rein handwerklicher Prozess war.

Varianten
Typ VII – Gruppe 1 a

In leichter Variation findet sich der gleiche Schriftzug, aber ohne Messingrahmen auf schwarz gefassten Klavieren eingesetzt.

Schriftzug auf einem Klavier mit unbekannter Seriennummer.

Typ VII – Gruppe 2

In der zweiten Gruppe, deren Schriftsatz beinahe deckungsgleich mit dem aus Gruppe 1 ist, sind Buchsteben und Wörter miteinander verbunden. Des Weiteren sind die oberen Enden des «M» rund gebogen und das «o» der Companie-Kürzung läuft in einer Art Flatterband aus, das nach unten gebogen als Unterstreichung des Firmennamens der Leserichtung entgegen ausläuft. Die Ortsbezeichnung, sofern vorhanden, wird nun in einer Serifen-Antiqua gesetzt.

Hinsichtlich der Aufsatzform lassen sich zwei Variantengruppen unterscheiden: (a) Handgeschnitzte und (b) mit Messing ausgelegte Schriftzüge. Sie unterscheiden sich kaum im Schriftsatz und folgen sogar Gestaltungsvarianten in Parallele zueinander. Dennoch gibt es einen wesentlichen und einen sekundären Unterschied. Variantengruppe (a) weist ein im Abstand über der Grundlinie stehendes «o» auf, während in (b) alle Lettern konsequent auf einer Linie liegen. Sekundärer Unterschied besteht einzig darin, dass in allen bisherig bekannten Beispielen der Gruppe (a) die Ortsbezeichnung fehlt. In Gruppe (b) fällt dieser Zusatz erst in späteren Ausprägungen weg.

Variantengruppe (a)

Die geschnitzte Variante taucht ungefähr im Bereich der Seriennummern 12.000 bis 15.000 auf und wechselt sich in dieser mit Messingvarianten ab. Erstere zeichnet sich durch drei Fassungen aus, die sich nur marginal durch Punktsetzungen und ihre Auslassung nach «Th» und «Co» manifestieren.

Handwerkliche Unterschiede finden sich in der Form, wie Bögen geschlagen werden, oder in welchen Weite einzelne Linien oder Buchstaben zueinander stehen. Dies scheint nicht für die Punktsetzungen zu gelten, da sich in frühen Beispielen ein runder Abkürzungspunkt am «Th.» finden lässt, währen in späteren Fassungen dieser in einer sich nach unten verjüngenden Kommaform wandelt.

Hervorzuheben sind die mittig zwischen den Buchstaben spitzwinklich umgebrochene Verbindungslinie zwischen «&» und «Co.» und die volutenartige Dekoration des «T», welche das untere Ende des Vertikalbalkens mit dem linken Ansatzpunkt des Horizontalbalkens. Letztere weist eine stumpfwinklige mittige Brechung zwischen zwei geschlagenen Schlaufen auf, die selbst unterschiedlich gestaltet sind. Die untere Schlaufe ist eher rundförmig und von ihrem Ansatzpunkt nach unten gerichtet, während die obere leicht oval und nach rechts gerichtet ist. Hierin findet sich eine Unterscheidungsmerkmal zu späteren Messingvarianten.

Schriftzug von Klavier mit Seriennummer 12318.
Geschnitzter Schriftzug auf Klavier mit Seriennummer 14275.
Variantengruppe (b)

In der Messingvariante zeigt sich eine auffällige Entwicklung. Irgendwo zwischen Seriennummer 18050 und 18306 (um 1920) wurde entschieden, das untergestellte «Bielefeld» auszulassen. Um 1910 (vor Seriennummer 16744) entfällt bereits der Punkt nach dem «Bielefeld» – wobei bereits zuvor mit Seriennummer 14291 ein Klavier existiert an dem dieser Punkt nicht auftaucht, und nach ab Seriennummer 14327 alle bekannten Messingschriftzüge mit einer schleifenartig dekorierten Verbindungslinie zwischen «&» und «Co.» ausgestattet wurden.

Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten dieser Gruppe finden sich in der Weise, wie die linksseitige Dekoration des «T» geformt ist. Sie schwankt zwischen einer stumpf- und spitzwinkligen Variante, bis sie ab spätestens Seriennummer 14327 konsequent spitzwinklig umgesetzt wurde.

13978
14291
Stutzflügel mit der Seriennummer 16750.
Sonderform Typ VII 2 (b)

Eine ungewöhnliche Variante findet sich auf einem Klavier mit unbekannter Seriennummer. Sie folgt im Schriftschnitt weitestgehend dem Typ VII. Einziger Unterschied besteht darin, dass statt des Firmennamens „Mannola“ genutzt wurde. Das «M» beginnt dabei mit einer rechtsgedrehten Volute.

Bezug nimmt dies auf einen, vermutlich in den 1920er Jahren eingetragenen Markennamen „Mannola“, verzeichnet im von Karlheinz Engel 1933 in Hamburg herausgegebenen Band Deutsches Markenartikel-Adreßbuch.

Typ VIII

Dieser Typ ist eine Ausnahmeerscheinung inmitten der Ausprägungen von Typ VII. An zwei Instrumenten, einem Flügel mit der Seriennummer 17090 und einem Klavier mit unbekannter Seriennummer taucht eine serifenlose in Majuskeln gesetzte Grotesk als Schriftsatz für den Firmennamen auf.

Die beiden bekannten Beispiele unterscheiden sich sogar in einigen Punkten. So zum Beispiel in der Breite der Buchstaben und ihren Formen – in einem Fall sind die äußeren Linien des «M» schräg nach innen gestellt und im anderen Fall senkrecht. Das «A» untescheidet sich in der Ansatzhöhe des horizontalen Querbalkens.

Flügel mit der Seriennummer 17090.
Klavier mit unbekannter Seriennummer.

Bei allen Unterschieden und Kontinuitäten oder Diskontinuitäten muss immer mit berücksichtigt werden, dass Th. Mann & Co. in den im Stadtarchiv Bielefeld verfügbaren Katalogen stets auf die Möglichkeit hinweisen, ein Klavier nach Kundenwunsch zu fertigen.

Weitere Recherchen und Forschungen werden vermutlich Klarheit bringen. Noch immer dürften in den Stadtarchiven von Detmold, Rinteln, Gütersloh, Herford und Paderborn, sowie anderen Spezialarchiven (z.B. Wirtschaftsarchiv) Funde zutage zu fördern sein, die Aufschluss über die Produktionsbedingungen und -Prozesse liefern. Auch die weithin noch existierenden Instrumente in öffentlichen Sammlungen und Privathaushalten lassen hoffen, als Forschungsobjekte erfasst und obige Liste zu vervollständigen.

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