Wie alt ist mein Th. Mann & Co. Klavier?

Die beste Möglichkeit, ein Klavier zu datieren ist über die Seriennummer, auch als Produktionsnummer bezeichnet. In einigen Fällen haben sich herstellereigene Listen erhalten, anhand derer das Baujahr ermittelt werden kann. Doch dies trifft beileibe nicht auf alle, gerade kleinere Hersteller zu. Im Falle von Th. Mann & Co., bzw. der Vorgängerwerkstatt von C.W. Volkening wurden mutmaßlich durch die Bombardierungen im Zweiten Weltkriegs eben jene Unterlagen unwiederbringlich mit den Fabrikanlagen zerstört.

Die zweite Möglichkeit besteht in der Seriennummer und Herstellerangaben der Mechaniken. Doch die Grenzen hiervon liegen im zeitlichen Rückblick. Je weiter das Herstellungsdatum eines Instruments zurückliegt, umso seltener sind durch Drittfirmen produzierte und eingekaufte Mechanikkonstruktionen. Ganz zu schweigen von erhaltenen Unterlagen.

Anhand existierender Publikationen, welche Angaben zu Hersteller und Seriennummer von Instrumenten und Mechaniken Jahresangaben gegenüberstellen, lässt sich in vielen Fällen das Produktionsjahr auf wenige Jahre genau bestimmen. Das Buch „Atlas der Pianonummern“ von Jan Großbach habe ich an anderer Stelle bereits erwähnt. Wie Großbach dort selbst angibt, können die Listen aus unterschiedlichen Gründen Fehler enthalten. Umso wichtiger erscheint es, auch andere Aspekte zur Datierung heranzuziehen.

Im ersten Kapitel seines Buchs beschreibt Jan Großbach, worauf bei der Datierung, neben der Serien- oder Produktionsnummer noch geachtet werden kann. Darunter nennt er insbesondere handschriftliche Vermerke und Medaillenaufdrucke, die einen HInweis auf das Produktionsjahr geben können.

Produktions- oder Seriennummer

In den meisten Fällen lassen sich mithilfe der Produktions- oder Seriennummer jedoch nur grobe Einschätzungen des Produktionszeitraumes anstellen. Für die Zeit nach 1896 kann dies für Th. Mann & Co. mit relativer Genauigkeit angestellt werden. In diesem Jahr fertigten Mann & Co. ihr 10.000stes Instrument und 1907 bereits ihr 15.000stes. Mit den gesteigerten Kapazitäten durch die Einrichtung von Dampfkraft und den Fabrikerweiterungsbau in der Friedensstraße in den 1880er Jahre, vermochte die Firma etwa alle fünf Stunden ein Klavier fabrizieren. Im Jahr kamen sie dabei auf knapp 400 bis 500 Klaviere.

Jedoch ist dies vor 1896 problematischer. Zwar lässt sich auch hier die Seriennummern auf Basis der Jahresfabrikation bis zu einem gewissen Grad zurückberechnen, doch es bleibt unsicher, wann die Produktion dieses Maß erreichte. Wir wissen, dass Mann & Co. 1874 ihr 1.000stes Instrument fertigstellten, sie 1871 mit 20 Arbeitern 120 Instrumente produzierten und Theophil Mann 1858 die Werkstatt von Volkening mit sechs Gehilfen übernahm.

Wo finde ich die Serien- beziehungsweise Produktionsnummer?

Zunächst ist es aber wichtig, ersteinmal die Serien- oder Produktionsnummer zu finden und auch als solche zu erkennen. Nicht immer ist sie eindeutig zu erkennen, teilweise versteckt auf Bauteilen handschriftlich vermerkt. Erst ab etwa 1880 begannen Mann & Co. konsequent mit dem Einlassen der Nummer in den Eisenrahmen, beziehungsweise mit der Stempelung diverser Bauteile.

Zuvorderst muss aber ein Blechschild erwähnt werden, das auf zahlreichen Instrumenten zu finden ist, aber nicht die Seriennummer beinhaltet. Es handelt sich dabei um ein zwei mal vier Zentimeter messendes auf die Innenseite des Deckels oder seitliche Wangen genageltes Blechschild mit dem Schriftzug „Th. Mann & Co. Bielefeld“, sowie einer vierstelligen Nummer. Dabei handelt es sich vermutlich um eine Nummerierung von Mietinstrumenten.

Bei der Suche nach einer Serien-, beziehungsweise Produktionsnummer ist der Blick auf den Eisenrahmen hilfreich. Hier finden sich bei den meisten Mann-Instrumenten nach 1880 diese Nummer als erhabene Ziffern mit dem Eisenrahmen gegossen. Jedoch leider nicht immer an der selben Stelle. So finden sich die Zahlen hinter den Saiten des Bass, wie auch bei kreuzsaitigen Instrumenten an der Lücke zwischen Bass und Diskant aber auch hinter den Diskantsaiten oder oberhalb des Wirbelfelds. Die Vielfalt an Stellen ist so groß, wie die gestalterische Vielfalt an Instrumenten. Selbst bei zeitlich kurz aufeinander gefertigten Instrumenten ähnlichen Typs finden sich die Produktionsnummern unter Umständen an unterschiedlichen Stellen.

Möchte man sicher gehen oder hat man auf dem Eisenrahmen keine Produktionsnummer finden können, hilft ein genauer Blick auf sämtliche Bauteile. Insbesondere auf den Schmalseiten von Ober- und Unterrahmen, auf der Oberseite der seitlichen Wangen (Unterhalb des Deckels und auf von Beschlägen vervorgenen Flächen, aber auch auf innen liegenden Bauteilen, sind oft Seriennummer eingeschlagen oder aufgedruckt.

In manchen Fällen sind diese auch handschriftlich erfolgt, was vor allem für die Zeit vor 1880 zutrifft (Klaviere mit Seriennummern 1008 und 1277), und in anderen Fällen sind sie auf vielen innenliegenden Bauteile auf die letzten drei Stellen verkürzt worden.

Allerdings muss man hierbei auch Obacht walten lassen. Es finden sich zahlreiche weitere Zahlen auf den unterschiedlichen Bauteilen. So sind andere dreistellige Zahlen auf Rasten, Resonanzboden und Mechanik auffindbar, die von den verkürzten Produktions- und Seriennummern abweichen. Es ist aktuell unklar, welchem Zweck diese Nummern im Detail dienten und welchen Aussagegehalt sie besitzen. Zu vermuten ist jedoch, dass dies interne Fabrikationsnummern oder Bauteiltypennummern sind, die im Fertigungsprozess Einsatz fanden, um zügig die benötigten Bauteile aufzufinden.

In diesem Fall beziehen sich die Nummern zumindest nicht auf die Dimensionen des Instruments oder seiner bezeichneten Bauteile, beziehungsweise im Fall des Resonanzbodens auf die Fläche des schwingenden Teils.

Fügt man alle bislang durch Quellenangaben und unter Zuhilfenahme von Hersteller und Produktionsnummer der Klaviermechanik halbwegs gesichert bekannten Kombinationen aus Seriennummern und Jahren in ein Koordinatensystem ein, ergibt sich bereits ein anschauliches Bild.

Das menschliche Auge vermag die Lücken zwischen den Koordinatenpunkten verbinden und durch eine geschwungene Linie verbinden. Ein langsamer Anstieg bis in die späten 1870er Jahre hinein und mit Vollendung der Fabrikerweiterung ein rasanter Anstieg der Produktionszahlen. Diese brechen, wie sich in der Abflachung der Punktlinie zeigt, mit Einsetzen des Ersten Weltkriegs ein und steigen bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs langsam an, erreichen aber niemals das Produktionsvolumen von vor 1914.

Da die Punktlinie des imaginierten Graphen zu viele und zu große Lücken für die Zeit vor 1907 aufweist, lassen sich nur bedingt Seriennummern unter 15.000 genau ihren Produktionsjahren zuordnen. Obgleich in unserer Datenbank inzwischen über 100 Mann-Instrumente mit Bild verzeichnet sind, von denen wir eine Seriennummer kennen, sind zahlreiche andere datierungsrelevante Informationen leider unbekannt, wie beispielsweise Mechanikhersteller und dessen Seriennummer. Aber zumindest bekommt man anhand des Graphen einen Eindruck von einem möglichen Entstehungszeitraum auf wenige Jahre genau.

Geht man davon aus, dass Theophil Mann, als er 1858 die Werkstatt von Christian Wilhelm Volkening, nach dessen Tod übernahm, die Seriennummernvergabe fortsetzte, würde der Graph andeuten, dass Volkening zwischen 1836 und 1858 lediglich 400 bis 500 Instrumente fertigte.

Schriftzüge & Logos

Wir besitzen damit einen Eindruck der Entwicklung von Produktionszahlen bei Th. Mann & Co. ab den 1870er Jahren. Nun ließe sich darauf die relative Entwicklung von Schriftzügen und Logos blenden, um eine Vorstellung ihrer zeitlichen Orientierung zu erhalten. Auch hier ist die Datenbasis für die Zeit nach 1900 deutlich dichter, als für die Jahre vor der Jahrhundertwende. Dabei ist wichtig zu berücksichtigen, dass ich alle Klavieren zunächst außen vor lasse, von denen wir keine Serien-, bzw. Produktionsnummer kennen, um den zeitlichen Zusammenhang und die relative Entwicklung erkennen zu können.

Wie auch an den Bauformen der Instrumente ablesbar, haben Th. Mann & Co. gerade in ihren frühen Jahren bis etwa 1900 mit Stilen und Formen experimentiert und schienen sich schnell und kurzfristig an einem Gestaltungstrend der jeweiligen Zeit zu orientieren.

Entsprechend vielfältig sind auch die Schriftzüge auf Klaviaturdeckeln und Logos auf den Eisenrahmen. Gleichzeitig geht damit auch eine Unsicherheit in der Datierung einher. Waren bestimmte Ausprägungen einmalige Experimente mit nur wenigen realisierten Exemplaren, oder stellten sie eine kontinuierlich genutzte Ausprägung dar? Die geringe Datenbasir für die Zeit vor 1907 lässt hier viel Spielraum offen.

Wir wissen, dass gewisse Schriftzüge parallel gebraucht wurden. EIne Systematik ihres Einsatzes ist aktuell nicht erkennbar, weshalb zu vermuten ist, dass z.B. bestimmte Schriftzüge auf Kundenwunsch oder entsprechend der Preiskategorie eingesetzt wurden. Vielfalt kann auf der anderen Seite auch als Marketingstrategie gesehen werden, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Als Hinweis hierauf kann unter Umständen die Metallplakette in Form einer mehrfach gebrochenen, symmetrischen Kartusche und ausgestattet mit einer komplexen figürlich-dekorativen Darstellung sein.

Metallplakette mit Schriftzug und Bielefeldlogo auf Klavier Nummer 6492

Sie stellt den sogenannten Typ V meines Versuchs einer Typologie dar und taucht erstmalig auf dem Eisenrahmen von Klavier 3247 auf und anschließend am oberen Deckel des Klaviers Nummer 3823 aus den frühen 1880er Jahren auf. Die späteste Nutzung kann für Instrument Nummer 8846 von etwa 1893 bis 1894 nachgewiesen werden. Damit wurde diese Plakette, nebst fünf anderen Schriftzugformen für mehr als 10 Jahre genutzt. Dabei ist zu beachten, dass das erste Auftreten nicht am Klaviaturdeckel eintrat, dieses erfolgte nach der aktuellen Datenlage erst kurz darauf am Klavier Nummer 4222, welches beinahe baugleich mit Instrument 3823 ist. Auf diesem Instrument, 3823 ist im Klaviaturdeckel eine Schriftzugplakette angebracht, die bereits zuvor an Instrument 3692 nachweisbar ist und zunächst das Ende einer Entwicklung darstellt, hernach die Schriftzüge geschnitzt oder in Messing intarsiert wurden.

Nach 1886 und mit Klavier Nummer 4222 beginnt eine Phase in der an zwei Stellen und in drei bis vier unterschiedlichen Formen der Firmenschriftzug auf den Instrumenten angebracht wurden. Diese Phase hält bis etwa Mitte der 1890er Jahre an.

Es finden sich geschnitzte Schriftzüge auf den Zierleisten an holzfarbenen Klavieren (Seriennummern 5697, 8532, 9337, 9396 und 9631) und intarsierte Metalllettern auf den Zierleisten schwarz gefasster Instrumente (No. 4235). Letztere setzen damit eine Tradition fort, wie sie bereits zuvor auf Klavier Nummer 605 von etwa 1870/1871 und Nummer 3247 zu finden war. Eine eingehende Betrachtung der geschnitzten Schriftzüge könnte unter Umständen weitere Mikroentwicklungen offenbaren und gegebenenfalls eine Handschrift identifizieren, um Aussagen darüber treffen zu können, ob und wieviele Schnitzer bei Th. Mann & Co. beschäftigt waren. Spätestens mit Hrn. Krüger kann für die 1880er Jahre sogar ein namentlich genannter Schnitzer in der Firma nachgewiesen werden, da dieser 1885 auf der Antwerpener Aussellung für seine Schnitzkunst eine Bronzene Medaille erwarb (Henkel, S. 397).

Daneben finden sich Schriftzüge in Form oben genannter Metallplaketten auf der Innenseite der Klaviaturdeckels unterhalb des Notenpultes auf sowohl holzfarbenen (No. 4222, 5806, 85168 und 846), wie auch schwarz gefassten Klavieren (No. 6492 und 7400), sowie als eingelegte Metalllettern auf vornehmlich schwarz gefassten Instrumenten (No. 5852, 6177 und 6905).

Um 1896 tritt eine Phase ein, in der Th. Mann & Co. Damit beginnen, die Stile ihrer Schriftzüge zu verändern und mit einer Reihe von Ausprägungen experimentieren, bis sich eine metallintarsierte Form um 1906 stabilisiert und mit nur wenigen Änderungen bis zum letzten erhaltenen und bekannten Instrument durchgängig Einsatz findet.

Zugleich scheint es auch das Ende des Auftretens von „Cie.“ als Abkürzung für „Companie“ zu sein. Sämtliche Schriftzüge nach 1896 weisen als Abkürzung „Co.“ auf.

In dieser Phase zwischen 1896 und 1906 finden sich zwei grundsätzliche Formen an Schriftzügen, die sich in einem Fall nochmals in zwei Subtypen trennen lassen, von denen eine auf holzfarbenen und eine auf schwarz gefassten Klavieren zu finden ist. Hinzu tritt eine aufgeschraubte Plakette mit dem Schriftzug, welche an anderer Stelle als Händlerplakette auf einem Mannborg Harmonium zu finden war.

Im Schiftschnitt ähneln sich beide Formen. Während im ersten Fall vornehmlich das „M“ aus einer links geschwungenen Volute entwickelt wird, ist es im zweiten Fall gerade ansetzend ausgeführt. Zudem sind die Wörter „Mann & Co.“ im zweiten zusammenhängend gestaltet. Dabei ist für die Zeit bis 1906 hervorzuheben, dass der Bogen, welcher „&“ und „Co.“ verbindet spitzwinklig gehalten ist. Hiernach wird er konsequent als Schleife ausgeführt.

An holzfarbenen Instrumenten ist der Schriftzug ersteren Falls in einer recheckigen messinggerahmten Kartusche eingelassen. An schwarz gefassten Klavieren fehlen Rahmung und Kartusche.

Für den zweiten Fall besteht der Unterschied darin, dass an holzfarbenen Instrumenten der Schriftzug geschnitzt und an schwarzen Klavieren in Messing eingelegt ist.

Die in Holz geschnitzte Form und seine messingintarsierte Variante kommen ohne die Ortsangabe Bielefeld aus und werden in dieser Form bis etwa 1906 genutzt. Zuletzt tritt die geschnitzte Form an Klavier Nummer 14558 auf.

Ab etwa 1905 taucht erstmals an schwarz gefassten Klavieren ein Schriftzug auf, der dem zweiten Fall ähnelt, jedoch unter Ergänzung der Ortsangabe „Bielefeld“.

No. 13978

Dies stellt den Prototypen dar, wie er weitestgehend unverändert bis 1911 verwendet wird. Ab diesem Zeitpunkt, etwa ab dem Instrument mit der Seriennummer 16444 verliert sich der Punkt hinter dem „Bielefeld“; einzige Ausnahme stellt aktuell Klavier No. 16490 dar.

Mit Seriennummer 18130 verschwindet auch die Ortsangabe wieder (ca. 1918-1920).

No. 18130

Es existieren zahlreiche weitere Formen an Schriftzügen, die hier unberücksichtigt geblieben sind, da uns von diesen Instrumenten keine Seriennummern bekannt sind, welche in eine relative Chronologie einsortiert werden könnten. Mit weiteren Forschungen sind wir aber zuversichtlich, diese Schriftzugformen ebenfalls einschließen zu können.

Medaillen

Zwar ist die Darbringung von Medaillenabbildungen auf Mann-Instrumenten eher unstet, aber dennoch lassen sich so, Klaviere in groben Grenzen post quem datieren. Das meint, ist eine Medaille auf einem Instrument gedruckt, kann dieses Instrument erst nach Verleihung der Medaille gefertigt worden sein.

Bis 1936 haben Mann & Co. im Laufe ihrer hundertjährigen Geschichte 17 Goldmedaillen und etliche silberne und bronzene Medaillen verliehen bekommen (Schrader 1936, S. 72).

Daher kann nachfolgende Liste nicht als vollständig angesehen werden. Sie basiert auf dem aktuellen Stand der Literatur- und Quellenrecherche, sowie der Betrachtung auf Instrumenten angebrachten Medaillendarstellungen.

  • 1844: Berlin, Ausstellung Vaterländischer Gewerbeverein, Silbermedaille.
  • 1873: Wien, Verdienstmedaille.
  • 1880: Düsseldorf, Gewerbe- und Kunstausstellung, Staatspreis Bronzemedaille.
  • 1881: Detmold, Lippische Gewerbe-Ausstellung, Bronzemedaille.
  • 1883: Amsterdam, International Exhibition, Goldmedaille.
  • 1884: London, International Exhibition Crystalpalace, Bronzemedaille.
  • 1885: Antwerpen, Goldmedaille.
  • 1887: Bielefeld, Silbermedaille.
  • 1888: Brüssel, Goldmedaille.
  • 1888: Emden, Ostfriesische Ausstellung für Gewerbe und Handel.
  • 1894: Kgl. Preussische Staatsmedaille.
  • 1894: Antwerpen.
  • 1894: Münster, Fach-Ausstellung des Wirthe-Verein.
  • 1895: Lübeck, Goldmedaille.
  • 1902: Düsseldorf, Industrie & Gewerbeausstellung Rheinland Westfalen, Silbermedaille.
  • 1911: Turin, Goldmedaille.
  • 1912: Bielefeld, Goldmedaille.
  • 1913: Paderborn, Goldmedaille.

Weitere Datierungsmöglichkeiten

Eine bislang kaum genannte Möglichkeit, um Klaviere datieren zu können, die aber einen nicht unerheblichen zusätzlichen Forschungsaufwand bedeutet, ist über Patente. Seien es eigene, durch Mann & Co. eingereichte Patente oder Gebrauchsmuster, seien es lizensierte Fremdpatente. Es kommt der Datierung von Mann-Klavieren aus der Zeit vor 1907 zugute, dass die Firma hier besonders emsig war, neue Bauformen zu patentieren und zeitnah in ihren Instrumenten zu verbauen. Ein besonderes Beispiel ist das bereits an anderer Stelle genannte und 1874 bewilligte Patent „auf eigentümliche Anordnungen an Pianos und Flügeln“, welches an den Klavieren Nummer 1008 und 1277 nachgewiesen werden kann.

Weiterhin sind es stilistische Ähnlichkeiten zu anderen, besser datierbaren Instrumenten. Dies kann die allgemeine dekorative Gestaltung umfassen, aber auch einzelne Detailformen, wie beispielsweise Schriftzuggestaltungen und eingesetzte Dekorationselemente von Fremdfirmen. Letzteres zeigt sich eindrucksvoll in dem Glasbild auf dem Oberrahmen von Klavier No. 1008, das in dieser und vergleichbarer Form auch an den Instrumenten anderer Hersteller auffindbar ist. Besonders bemerkenswert ist aber auch die Ähnlichkeit der durch Mann & Co. Verwendeten Schriftzugstile mit denen anderer Hersteller. Hier finden sich zahlreiche Ähnlichkeiten und geradezu Übereinstimmungen, die dafür sprechen, dass sie Ausdruck eines Zeitgeschmacks sind.

Eine dritte Quelle zur Datierung von Instrumenten liegt in der Sichtung von Printpublikationen. Die wenigen erhaltenen Kataloge sind hervorragend zur Betrachtung von Instrumente des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Besonders wertvoll für die Zeit davor sind Beschreibungen, Abbildungen und Erwähnungen von Instrumenten in Zeitungen und Zeitschriften, seien es Artikel oder Werbeannoncen. Diese Auszuwerten ist aber ein ebenso aufwändiges Unterfangen und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Zuletzt bleibt aber auch der Anruf und Aufruf an alle Klavierbauer*innen, Klavierstimmer*innen und Besitzer*innen von Klavieren der Firma Th. Mann & Co. uns möglichst detaillierte Abbildungen und Beschreibungen erhaltener Instrumente zukommen zu lassen. Neben Schriftzug, Logo, Seriennummer, Mechanikhersteller/-Seriennummer, handschriftlichen Vermerken auf Bauteilen, stilistischen und konstruktiven Ausformungen von Gehäuseteilen und Rasten, können dies Maße und erhaltene Schriftstücke sein. Diese Aufzählung kann nicht als vollständig und nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Weitere Forschungen werden zeigen, was notwendig ist, ein Mann-Klavier datieren zu können, beziehungsweise die Listen der Zusammenhänge von Serien-/Produktionsnummer und Fertigungsjahr verfeinern zu können.

Aber auch jeder Hinweis auf Ähnlichkeiten der Instrumente anderer Hersteller zu Mann-Klavieren wäre spannend.

Langfristiges Ziel ist es, eine Art Fragebogen zu entwerfen, mithilfe dessen eine Datenbank gepflegt werden kann, die weitere Forschungsarbeiten, insbesondere die Aufdeckung möglicher Zusammenhänge von Baujahr und gewissen Bauformen und Dekorationsstilen vereinfacht.

Literatur

  • Großbach, Jan (2009): Atlas der Pianonummern. 11. Auflage; Bergkirchen.
  • Henkel, Hubert (2000): Lexikon deutscher Klavierbauer; Frankfurt a.M.
  • Schrader (1936): „100 Jahre der Bielefelder Firma Th. Mann & Co.“. In: Ravensberger Blätter, Nr. 9, September 1936, S: 71f.

Ist das Kunst, oder kann das weg?

Die Veröffentlichung von Rammsteins »Deutschland« Song liegt bereits einige Zeit zurück. Doch erst jetzt wurde ich durch eine Besprechung auf YouTube wieder auf dieses Lied und das zugehörige Musikvideo aufmerksam. In Jenem wird das Statement gebracht, dieses Musikvideo sollte Teil des Geschichtsunterrichts sein.

Das kann man machen, um den sonst eher drögen Geschichtsunterricht auflockern zu wollen, doch ohne ein entsprechendes Hintergrundwissen und Analysewerkzeug kann man dann wenig mit dem Song in einem Unterrichtsrahmen anfangen. Und genau da beginnt das Video austauschbar zu werden. Es ist kein Glanzstück und gewiss nicht das einzig denkbare musikalische oder visuelle Stück, das im Geschichtsunterricht einsetzbar ist.

Jedoch krankt vor allem die Besprechung des Funk-Ablegers »Mr Wissen 2 Go« an zahlreichen Ecken. Die Oberflächlichkeit dieser „Analyse“ stellt sich selbst in Konkurrenz zu Rammsteins »Deutschland« Song und Video.

Das beginnt schon mit so auffälligen Patzern, bei Rammstein würde die Varusschlacht gezeigt. Die zeitliche Einblendung »16 AD« bezieht sich direkt auf die Germanicus-Feldzüge und nur indirekt auf die Varus-Niederlage. Aber letztlich hätte man an dieser Stelle bereits auf die Trennung von faktischer Geschichtsschreibung und Erinnerungskulturen hinweisen müssen. Die Einheit der germanischen Stämme war von kurzer Dauer und die Präsenz römischen Militärs östlich des Rheins war bis weit in das 2. nachchristliche Jahrhundert gegeben.

Die Erhebung der Varusschlacht zur Geburtsstunde »Deutschlands« fand erst im 19. Jahrhundert statt; obgleich etliche Autoren bereits zuvor sich dieses Themas annahmen. Dies ging zeitlich einher mit einer Reichsgründungsbewegung und dem Erstarken eines Nationalbewusstseins ab der Zeit napoleonischer Besetzung von Friesland, dem Rheinischen Bund, Preußen, Westfalen etc. pp. Erst hier konstituierte sich nach und nach ein retrospektiv konstruiertes Bild von einer Einheit Deutschlands und der damit verbundenen Geschichte, die auf Arminius zwecks Herrschaftslegitimation zurückgeführt wurde.

Und dies stellt den entscheidenden didaktischen Punkt dar. Dieses Mittel zur Legitimation von Herrschaft findet sich an zahlreichen Stellen der Weltgeschichte umgesetzt. Bereits die römischen Herrscher führten ihre Macht auf irgendwelche historischen Persönlichkeiten, Götter oder Schlachten zurück. Das öffentlichkeitswirksame Mittel war das Bild.

In Form von Münzen, Denkmalen und Schriftstücken zementierten sie ein fiktives Geschichtsbild, das bei genauer Betrachtung hauptsächlich politische Propaganda darstellt.

Leider treten auch Rammstein in genau diese Falle. Sie bedienen sich einem Potpourri an Bildfragmenten und Symbolen, die teils aus dem Kontext gerissen und teils in einen gefährlichen Zusammenhang gesetzt werden.

Besonders auffällig ist die Hinrichtungsszene des Musikvideos, in welcher die Rammstein-Musiker in KZ-Kleidung, die mit entsprechenden Häftlingszeichen versehen sind. In der Besprechung des Videos wird hier die sorgfältige historische Recherche hervorgehoben und gelobt. Doch vermieden wird, darauf hinzuweisen, was das Aufblenden dieser Zeichen auf die Personen, also die Bandmitglieder impliziert. Es sind keine Schauspieler, die eine Charakterrolle mimen. Die Musiker selbst werden hier und in anderen Szenen zu Opfern stilisiert. Sie sind Opfer der Römer, Gefallene auf einem Schlachtfeld, Häftlinge in einem Gefängnis. Zwar finden sich auch andere Szenen, in denen die Musiker Täter zu sein scheinen, doch sind diese in der Unterzahl.

Im Schnittrausch der abgehackten Szenen oszilliert das Video Rammsteins zwischen historisch gut recherchierten Elementen und plakativen Szenen, wie dem grotesken Bankett. Doch wird niemals klar oder erklärt, welche Szenen historische Fakten und welche Szenen der Bildsprache von Erinnerungskulturen entspringen und welche Bedeutungen und historischen Dimensionen diese wiederum haben.

Die Rammsteinmusiker stilisieren sich als Opfer von Staaten. Sie sehen sich wohl selbst bereits als Inkarnation von Deutschland, getreu dem Wutbürgermotto: „Wir sind das Volk“.

Das Musikvideo bedient sich zahlreicher unterschiedlicher Ästhetiken – das emotionslose martialische Gebaren wird pointiert in einem ZEIT-Online Artikel dargelegt. Es möchte mehr sein, als es ist und doch verblasst es neben bildgewaltigen Beispielen der Film- und Medienkunst. Die öffentliche Kritik an Song und Video ist einleuchtend und steht symptomatisch auch selbst für unsere Gegenwart, die noch immer mit der eigenen jüngsten Geschichte hadert. Die beständige Diskussion über Vergangenes zur gewinnbringenden Arbeit an der Zukunft im gleichheitlich-demokratischen Grunddenken ist notwendig, aber gewiss nicht an einem Rammstein-Video. Es ist, wie das Lied, einfach nichts Besonderes.

Aber die Zeit wird zeigen, ob das Stück auch in 20, 50 oder 100 Jahren noch wirken kann.

Etwas irritierend wirkte auf mich eine Szene auf halbem Weg durch das Video. Sie geht unter in den zahlreichen Schnitten und doch lauert in ihr ein gefährliches Bild. Die eben noch zum Tode verurteilten KZ-Häftlinge umzingeln, bewaffnet in einer Art Rückschau drei Nazi-Offiziere. Ein erster Impuls ließ mich den Gedanken an eine Dolchstoßlegende fassen. Doch bei genauer Betrachtung stehen die übrigen NS-Soldaten ruhig und gelassen in einem äußeren Kreis ohne zu intervenieren. Hier könnte man ein ganz konkretes Geschichtsbild der Nachkriegszeit sehen, das die Schuld der Weltkriegsverbrechen allein in der Führungsriege sah. Nicht umsonst konfrontierten die 68er ihre Eltern mit der eigenen Vergangenheit. Aber das akademische Thema »Kollektivschuld« wäre ein eigenes Kapitel. Wichtig ist aber zu erwähnen, dass dieses Thema fester Bestandteil rechter Rhetorik darstellt. Letztlich konnten die NS-Verbrechen nur geschehen, weil die große Mehrheit schwieg.

Gerade für diese Szene müssen sich Rammstein den Vorwurf der Fahrlässigkeit gefallen lassen. Das Video ist mitnichten so gut recherchiert, wie manch einer sehen möchte.

Für eine umfassende Besprechung reicht ein geschichtswissenschaftlicher Blick alleine nicht aus. Mindestens ein Bildwissenschaftlicher Blick muss hier hinzugezogen werden. Man muss sich in Geschichte, politischer Ikonografie, Bildanalyse und Theorien des Kollektiven Gedächtnisses und Erinnerungskulturen auskennen, um das Video hinreichend besprechen zu können.

Es ist meine Vermutung, dass dieses Lied der Bedeutungslosigkeit anheim fallen wird. Rammsteins »Deutschland« ist Provokation, es ist eben kein »Die Moorsoldaten«, kein Konstantin Weckers »Vaterland« und hat schon gar nicht die Emotionalität all der politischen Liedermacher, die mit ihrer Kunst tatsächlich etwas bewirken wollten.

https://www.zeit.de/kultur/musik/2019-03/rammstein-video-deutschland-provokation-holocaust-sexualitaet/komplettansicht

https://www.youtube.com/watch?v=NeQM1c-XCDc

https://www.youtube.com/watch?v=dYF-LWTvxdA

https://www.youtube.com/watch?v=_14n16KGyDI

Unter falscher Flagge

Bereits eine oberflächliche Recherche in online-Kleinanzeigen unter dem Stichwort Klavier fördert eine ganze Reihe an Ergebnissen zutage. Menschen, die geerbte oder mit Immobilien erworbene Instrumente besitzen, stellen hier ihre mehr oder minder erhaltenen Pianos zum Verkauf. Unter ihnen sind namhafte, wie heute unbekannte Hersteller. Aber ebenso häufig finden sich auch Instrumente, die keinerlei Auskunft über ihren Schöpfer geben.

Für uns sind besonders jene Instrumente interessant, die in Verbindung mit Th. Mann & Co. oder der Vorgängerwerkstatt von C. W. Volkening stehen. Doch auch hier kommt es vor, dass Plaketten mit Firmenschriftzug verloren gehen oder der Firmenname mit Farbe oder Lack überlagert werden.

Eine besondere Herausforderung stellen kleine Metallschilder dar, welche zahlreiche Instrumente fraglicher Auswahl zieren. Meist im Inneren angebracht, finden sich flache, etwa zwei Zentimeter breite und vier Zentimeter lange Schilder aufgenagelt. Sie sind geprägt mit Schrift in drei Zeilen. Zuoberst der Firmenname „Th. Mann & Co.“ in einer Serifenfraktur. Danach die Abkürzung „No„, gefolgt von einem querrechteckigen Feld, das eine vierstellige Nummer trägt. Die unterste Zeile trägt den Stadtnamen „Bielefeld“, gerahmt zu beiden Seiten von einer Art Stern oder Blüte, bestehend aus sechs kreisförmig angeordneten Tropfenformen, deren Spitzen ins Zentrum zeigen. In der Gestaltung finden sich keine Variationen. Jedoch scheint auf einigen Schildern ein breiterer Schriftsatz Verwendung zu finden. Es kann auch auf einen anderen Prägestock hinweisen.

Plakette auf einem nach 1895 entstandenen Reformpianino.

Die Funktion dieser Plakette ist unbekannt. Die aufgeprägten Zahlen scheinen fortlaufend zu sein, denn keine bisher gefundene Zahl gleicht der anderen. Zudem können sie frühestens ab Eintritt Hermann Steinhaus genutzt worden sein – darauf deutet das „& Co.“ hin. Noch fanden sich keine Schilder ohne diese Ergänzung. Auch handelt es sich nicht um die Seriennummer. Diese ist spätestens ab den 1880er Jahren und ab der Seriennummer 4235 als Bestandteil des Eisenrahmens gegossen und weicht stark von den Zahlen der Plaketten ab. Die Nummerierung der Plaketten springt zudem durch die Jahrzehnte.

Plaketten-nummerDatierungSeriennummer oder Form der Datierung
3057um 1905Aufgrund des Schriftzugs.
3136um 1908 (1905-1906)[14275] J. Großbach: Atlas der Pianonummern (die zweite Datierung aufgrund der Mechaniknummer).
3165um 1908 bis 1910Aufgrund des Schriftzugs und Logos.
3182um 1908[14558] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
3261nach 1894
bzw.
um 1908
Patent Wagner DRP 76946 und Artikel Zeitschrift für Instrumentenbau Bd. 16 1895/96 , S. 442.
Aufgrund des Schriftzugs.
3309um 1908Aufgrund des Schriftzugs.
3395um 1910Aufgrund des Schriftzugs.
3527vor 1910Aufgrund des Logos.
3670um 1910[16472] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
4020evtl. vor 1874Ohne Herstellername, aber aufgrund der Ähnlichkeit zu einem anderen Th. Mann-Piano als solches klassifiziert.
4087nach 1913Aufgrund des Achtecklogos.
4227nach 1927[18582] J. Großbach: Atlas der Pianonummern.
4287um 1900Aufgrund des Schriftzugs.
4386nach 1930Aufgrund des Schriftzugs „Mannola“.

Eine Tendenz ist erkennbar und die drei Ausreißer können andere Ursachen haben: Rückankäufe oder alte Lagerbestände. Jan Großbach wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine gesonderte Nummerierung von Mietinstrumenten handeln könnte. Allerdings bedeute dies, dass ein Viertel der Instrumente von Th. Mann & Co. als Mietinstrumente in den Handel gingen.

Dennoch sind sie Zeugnis einer Verbindung zwischen Instrument und Fabrik. Dergleiches gilt für ein Harmonium der Firma Mannborg, deren Schriftzug durch eine Markenplakette von Th. Mann & Co. überdeckt wurde.

Vermeintliches Th. Mann & Co. Harmonium.

Bei näherer Betrachtung offenbarten sich erste Zweifel an dieser Einschätzung. Sowohl die Zierleiste der Pedale war mit dem Mannborg-Schriftzug versehen, wie auch das rückseitig aufgebrachte Patentblatt.

Das Entfernen der aufgeschraubten Th. Mann & Co. Plakette gab dann Gewissheit. Hierunter trat der originale Mannborg-Schriftzug zu Tage.

Mannborg-Schriftzug unter Th. Mann & Co.-Plakette.
Rückseite des Firmenschilds auf einem Harmonium
Rückseite der Th. Mann & Co.-Plakette. Gedruckt durch F. Josephson, Barmen.

Die Datenbank der Reed Organ Society verzeichnet für ein Mannborg-Harmonium mit der Seriennummer 13881 die Jahre 1905 bis 1910 als Entstehungszeitraum. Da dieser Zeitraum in die Hochphase der Produktionsbedingungen von Th. Mann & Co. zählt, als sie ihre namhaften Instrumente in alle Welt exportierten, ist es umso verwunderlicher, dass hier scheinbar ein Mannborg-Harmonium zu einem Mann-Harmonium umgewidmet wurde.

Auf Instagram findet sich ein Bild eines weiteren (vermeintlichen) Th. Mann & Co.-Harmoniums, das die gleiche Plakette aufweist. Auch hier legt die Gestaltung der Medaillen die Vermutung nahe, dass es sich ebenfalls um ein Mannborg-Harmonium handelt.

Ein Beitrag geteilt von João Tavares Filho (@joaotavaresfilh) am Sep 4, 2017 um 6:55 PDT

Entsprechende Plaketten ließen sich auf noch keinem Th. Mann & Co. Klavier oder Flügel nachweisen. Obwohl punktuelle Ähnlichkeiten zu auf Klavieren genutzten Schrifttypen existieren, ist diese spezielle Type und auch die Setzung in nur einer Zeile bislang einzigartig.

Eine besondere Kuriosität tat sich auch mit einem Klavier auf, das den Schriftzug „Mannola“ auf der Innenseite des Klaviaturdeckels zeigt.

Mannola-Klavier.

Im Deutschen Markenartikel Adressbuch der Jahre 1932/33 wird für die Marke „Mannola“ vermerkt, dass sie, auf Klaviere angewendet, als eingetragenes Markenzeichen von Th. Mann & Co. gilt. Somit scheint es sich hier eindeutig um ein Th. Mann & Co.-Klavier zu handeln. Auch die kleine Metallplakette legt eine Verbindung zur Bielefelder Fabrik nahe.

Metallplakette unbekannter Funktion von Th. Mann & Co. im Inneren des Mannola-Klaviers.

Damit enden die Hinweise auf Th. Mann & Co. Der Eisenrahmen trägt ein untypisches Logo, das in dieser Form in keiner Weise mit der Bielefelder Fabrik in Verbindung steht. Die aufgeprägte Seriennummer von 36074 liegt weit oberhalb der höchsten für Th. Mann & Co. verzeichneten Nummer von 20000 (1938). Leider ist auch die Mechanik mit der Nummer 36004 ohne Herstellernamen, was eine Datierung erschwert.

Wappen oder Logo auf dem Eisenrahmen des Mannola-Klaviers.

Das Logo zeigt einen Doppeladler mit ausgestreckten Schwingen und Gegenständen in den Klauen, die Zepter und Reichsapfel darstellen könnten. Über beiden Häuptern findet sich etwas, das eine Krone darstellen könnte. Damit ähnelt es dem Wappen des k.u.k. Hoflieferanten, wie es zum Beispiel auch Wilhelm Spaethe sen. führen durfte. Dennoch ist die Ausführung zu grob und die Darstellung des zentralen Schilds hebt sich von der des k.u.k.-Wappens ab.

Bezeichnung „333 / I / 14“ auf dem Eisenrahmen des Mannola-Klaviers.

Es besteht die Möglichkeit, dass es sich hierbei um ein generisches Wappen ohne Bedeutung handeln könnte, das am unterschiedliche Herstellern geliefert wurde. Die grobe Ausführung sprechen dafür.

Entsprechend kryptisch bleibt auch die Bezeichnung am Fuß des Eisenrahmens. In drei Zeilen stehen dort die Zeichen „333“, „I“ oder „1“ und „14“.

Seriennummer 36074 auf dem Resonanzboden des Mannola-Klaviers.
Mechanik Nr. 36004 des Mannola-Klaviers.

Angesichts des umgewidmeten Mannborg-Harmoniums, lag die Möglichkeit nahe, dass auch dieses Instrument ursprünglich von einem anderen Hersteller fabriziert wurde, um dann durch Th. Mann & Co. mit einem eigenen Schriftzug versehen zu werden. Es lag also nahe, auch diesen Schriftzug zu entfernen.

Da hier keine Schrauben Verwendung fanden, musste vorsichtig der Gluteinleim mit einer Heißluftpistole gelöst werden.

Die Enttäuschung war groß, als sich unter der aufgeleimten Holztafel kein Fremdherstellername offenbarte. Viel interessanter war jedoch, dass sich unbehandeltes Holz zeigte. Dies deutet darauf hin, dass Th. Mann & Co. das Klavier zusammengesetzt und anschließend gebeizt/lackiert haben, nachdem das Mannola-Schild aufgebracht wurde.

Es ist zu vermuten, dass Th. Mann & Co. nach 1930, als die Fabrikation bereits auf das Stammhaus am Oberntorwall 29 reduziert wurde und die Fabrikhallen in der Friedenstraße aufgegeben wurden, Ihre Instrumente weitestgehend aus eingekauften Bestandteilen zusammensetzten.

Das zeitlich Ungewisse

Ungemein hilfreich für eine Datierung von historischen Instrumenten ist ein umfangreich erhaltenes Firmenarchiv, das Aufschluss über den Entstehungszeitraum von einzelnen Klavieren oder Flügeln anhand ihrer Seriennummer gibt.

Leider wurde die Fabrik Th. Mann & Co. in den letzten Kriegsjahren Opfer von Bombenabwürfen der Alliierten, welche die gesamte Bielefelder Innenstadt verheerten. Damit gingen vermeintlich auch sämtliche Produktions- und Rechnungsbücher verloren. Gleichfalls ist es unmöglich noch lebende Personen zu treffen, die sich an die späte Phase der Fabrik und ihre Produktionsbedingungen erinnern können, geschweige denn Auskunft zu geben vermögen über Herstellung von Klavieren im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Neben existierenden Rechnungen in privater und öffentlicher Hand, die Zeugnis vom Jahr der Herstellung eines Instruments ablegen, sind Inschriften mit Jahreszahlen und Aufdrucke von Medaillen hilfreich, ein Herstellungsjahr einzugrenzen. Weiterhin lassen sich Zeiten durch Datierung der Klaviermechanik eingrenzen. Jan Großbach weist in seinem „Atlas der Pianonummern“ (11. Auflage 2009, S. 17 – 25) darauf hin, dass Mechaniken in weitaus höherer Stückzahl produziert wurden, was eine Eingrenzung ihres Entstehungszeitraums vereinfacht.

Bereits im späten 19. Jahrhundert entwickelten sich Spezialisierungen und nicht länger wurden sämtliche Bestandteile von Klavieren aus einer Hand gefertigt. Zulieferer übernahmen die Produktion von Mechaniken und dekorativen Bauteilen, wie Konsolen oder Bildelemente.

Bereits diese Gegenüberstellung ließe es zu, grobe Datierungen vorzunehmen; unter der Voraussetzung, man kann das Vergleichsobjekt relativ zielgenau einordnen. In diesem speziellen Fall leider nicht umsetzbar.

Ein Blick auf die Mechanik, liefert im Fall des Mann-Klaviers zweierlei Informationen. Einerseits den Hersteller Schwander, samt Seriennummer (95044) und, obendrein ein Vermerk von Auszeichnungen während Ausstellungen in Paris 1867 und Wien 1873. Damit liegt nahe, dass die Mechanik nach 1873 gefertigt wurde.

Doch gerade die Medaille der Wiener Ausstellung birgt besonderen Sprengstoff. Die Firmenplakette auf der Innenseite des Klaviaturdeckels benennt Theophil Mann als Produzenten, was darauf hindeutet, dass dieses Klavier entstand, bevor Hermann Steinhaus als Teilhaber in die Fabrik eintrat und Th. Mann zu Th. Mann & Co. wurde. Da in zahlreichen Publikationen hierzu aber das Jahr 1872 genannt wird, sind dreierlei Schlüsse denkbar: Die Mechanik wurde nachträglich ausgetauscht, Klaviere wurden auch nach Eintritt H. Steinhaus noch unter Theophil Mann vertrieben oder die Gesellschaft Th. Mann & Co. wurde erst nach 1873 gegründet.

Firmenplakette auf Klavier Nummer 1008.

Für den französischen Hersteller Schwander, der ab 1844 produzierte, verzeichnet der „Atlas der Pianonummern“ als früheste Seriennummer 205194 von 1883. Mit großer Ungewissheit könnte die im Mann-Klavier verbaute Mechanik damit um 1875 gefertigt worden sein. Zumindest im Abstand zur frühesten für Th. Mann & Co. verzeichneten Nummer 9983 für das Jahr 1901 ist das plausibel.

Da aktuell keine Archivbesuche möglich sind, muss eine Bestätigung in anderer Form erfolgen. Glücklicher Umstand ist die digitale Entwicklung und öffentliche Bestrebungen, Archivalien nachhaltig für eine große Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Seite zeitpunkt.nrw versammelt eine Vielzahl digitalisierter Zeitungen aus Nordrhein-Westfalen, darunter auch zahlreiche aus Bielefeld.

Am. 8. November 1874 erscheint im Bielefelder Wochenblatt eine Übersicht der letzten Einträge und Veränderungen des Handelsregisters für Bielefeld. Hier liest man von der Löschung der unter Nummer 501 geführten Firma „Th. Mann“ aus dem Firmenregister und der zeitgleichen Aufnahme der Firma „Th. Mann & Co.“ im Gesellschaftsregister unter Nummer 253.

Bielefelder WOchenblatt vom 8.11.1874.

Bezeichnend ist, dass ab diesem Zeitpunkt sämtliche Anzeigen der Firma mit Th. Mann & Co. unterzeichnet wurden, was wahrscheinlich macht, dass dies auch auf den Instrumenten konsequent umgesetzt wurde. Bereits knapp zwei Wochen später erscheint ein Stellengesuch von Th. Mann & Co. in derselben Zeitung.

Bielefelder Wochenblatt vom 25.11.1874.

Entsprechend sind alle Anzeigen vor dem 8. November 1874 durchweg mit Th. Mann unterzeichnet. Diese sind überdes von besonderer Bedeutung, als sie eine patentierte Formfindung zur Steigerung der Stimmfestigung von Klavieren durch Theophil Mann benennen.

Bielefelder Wochenblatt vom 9.5.1874.

Bei diesem Patent handelt es sich wohl um das im Mai 1874 erteilte Patent „auf eigentümliche Anordnungen an Pianos und Flügeln“, deren Verfahrensakte, samt Zeichnungen im Landesarchiv Baden-Württemberg aufbewahrt wird.

Landesarchiv Baden-Württemberg E 170 a Bü 1746 Bild 1.

Eben diese Konstruktion eines geneigten Stimmstocks findet sich auch an Klavier Nummer 1008 umgesetzt.

All diese Hinweise legen als Entstehungszeitraum des Th. Mann Klaviers Nummer 1008 die Zeit zwischen Mai 1874 und November 1874 nahe. Zur Patenterteilung an Theophil Mann erschien am 2. Mai im Bielefelder Wochenblatt eine Notiz, in der es am Ende heißt:

Die Fabrik vollendet in nächster Zeit ihr 1000. Pianino.

Bielefelder Wochenblatt vom 2.5.1874.
Bielefelder Wochenblatt vom 2.5.1874.

Durch einen glücklichen Umstand erhielt sich in Vlotho ein mehr als 140 Jahre altes Klavier, das in mehrfacher Hinsicht Zeuge einer besonderen Zeit der Bielefelder Flügel- und Pianofabrik Th. Mann & Co. darstellt.

Th. Mann Klavier Nummer 1008 vom Mai/Juni 1874.

Kuriositätenkabinett – Teil 3

Werbung oder was?

Heutzutage kennt man Klickbait-Werbung, Schleichwerbung oder Productplacing und zahlreiche weitere Formen, um die Aufmerksamkeit von Konsument*innen zu erhalten. Gemeinhin mag angenommen werden, die lockenden Formen von Werbung sind Ausdruck eines modernen Kapitalismus.

Doch weit gefehlt, bereits im 19. Jahrhundert traten zahllose Variationen von Annoncen auf, welche Leser*innen neugierig auf kommende Veranstaltungen machen sollten.

Westfälische Zeitung, 27. Oktober 1884.

Ist es eine Warnung? Eine Ankündigung? Oder gar eine Drohung? Wie stark sich subjektive Eindrücke von geschriebener oder gesprochener, gar gesungener Sprache verändern können, zeigt sich an dem jeweiligen Kontext ihres zeitlich nachfolgenden Gebrauchs.

Paul Carell, geboren 1911 als Paul Karl Schmidt und unter dem NS Regime als Diplomat tätig, schrieb in der Nachkriegszeit zahlreiche Sachbücher und Artikel für Zeitungen und Zeitschriften. Der Antisemit und SS-Sturmbannführer veröffentlichte unter dem Titel „Sie kommen!“ eine Rekapitulation der Invasion in der Normandie 1944 und setzte damit implizit ein Bedrohungszenario mit der historischen Befreiung des Europäischen Kontinents gleich. Der NS-Propagandist beeinflußte mit seinen Büchern eine ganze Generation und prägte das Bild vom Krieg nachhaltig. Als Berater hatte Carell/Schmidt Kontakt zu Politikern und Verlegern.

In anderem Kontext wird der Begriff in gleichfalls bedrohlichen Unterton durch die Band Knorkator gebraucht. Es ist unklar, worauf die Musiker anspielen. Im Interview geben sie an, bewußt auch auf die Agitationen von AfD, NPD und anderen Rechten anzuspielen.

In weniger politischem Kontext taucht der Bedrohungsunterton in Madeleine Roux‘ Zombie-Roman „Sie kommen!“ auf. Während das Zombie-Genre durchaus als apolitisch, vielleicht sogar anti-politisch, gar anarchistisch daherkommt, ließe es sich aber auch als personifizierter Ausdruck der Angst vor dem Unbekannten deuten. Die Furcht vor einem Virus, das sich quasi greifbar zu Zombies manifestiert und somit eine Pandemie sinnlich erfahrbar macht und körperlich steuerbar erscheinen lässt – wenngleich viele Filme und Serien eher das Gegenteil suggerieren. Ein interessantes Gedankenspiel vor der aktuellen Corona-Pandemie.

Westfälische Zeitung, 28. Oktober 1884.

Auch der zweite Teil der Werbereihe bereitet mehr Fragen, denn er beantwortet. Der serielle Charakter wird hier ebenso deutlich, wie seine Cliffhanger-Eigenschaften. Man fühlt sich geradezu genötigt, die Geschichte weiter zu verfolgen. Und darin steckt offenbar auch die Essenz solcher Annoncen begründet. Sie sind nicht als Ankündigungen gedacht, sondern bewußt als fiktive Geschichten konzipiert und fallen damit nicht länger in das Faktische, sondern Fiktive.

Lässt man zunächst außer Acht, dass heutzutage sämtliche Produkte in ein fktives Gerüst gespannt werden, um einer gewissen Lebensweise zugesprochen zu werden, damit sie einer Zielgruppe attraktiv erscheint, mag dies im ausgehenden 19. Jahrhundert auch Ausdruck der Zeit sein. Die Konstituierung des Deutschen Reichs als einheitlicher Nationalstaat liegt nur wenig mehr als eine Dekade zurück. Und gerade die Geschichte „Deutschlands“ wird, als geografisch gefasster Raum mitsamt seiner Historie bis zurück in antik-römsiche Zeit für viele Jahrzehnte mit dem Nationalstaat gleich gesetzt, wodurch eine fiktive Geschichte „Deutschlands“ erzählt wird, die es so nie gegeben hat.

Zu den prägensten Formen für die Erzählung „Deutschland“ kann das Hermannsdenkmal bei Detmold gezählt werden. Einer historischen Figur wird das Label „Deutsch“ gegeben, weil es zum selbstgewählten Bild des „Deutschtum“ passte.

Mitnichten soll dies andeuten, in den hier gezeigten Anzeigen sei eine politische DImension angelegt. Beidem ist lediglich die Fiktionalität von Erzähltem, bzw. Gezeigtem gemeinsam.

Westfälische Zeitung, 29. Oktober 1884.

Wer auch immer dieser Professor Orleans sein soll. Auch die Funktion Antispirist bleibt genauso unbekannt, wie die inserierte Veranstaltung der „Original-Geister“. Die nachfolgenden Ausgaben blieben einen Bericht dieser (vermeintlichen) Aufführung schuldig.

Momentan ist unklar, ob die historischen Tatsachen dieser Fiktion offenbart werden können, doch als Kuriosum mag das vielleicht auch irrelevant sein.

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